Volksreligion und Weltreligion

19,80

Artikelnummer: Kyffhäuser/Faksimile Kategorie:

Beschreibung

Volksreligion und Weltreligion

von Dr. Wolfram Goegginger. Faksimile-Nachdruck (1996 in Bremen) der Originalausgabe des Holzner-Verlags, Riga 1944. Mit religionswissenschaftlichem Anhang von Prof. Dr. Gustav Mensching.

256 Seiten, sehr schöne Ausgabe in Leinen mit farbigen Hochglanzum-schlag und vielen schwarz-weiß Abbildungen, 18.00 Euro.

In der natürlichen Religion geboren
Ist jeder Mensch; und nie geht sie ihm ganz verloren.
Ihm anerzogen ist ein äußeres Glaubenstum.

Friedrich Rückert

Vorwort des Herausgebers zu diesem Buch:

Die beiden vorliegenden Arbeiten über „Volksreligion und Weltreligion“ werfen tiefste Lebensfragen auf. Lebensfragen für den Einzelnen und die Völker, wie sie sich gerade heute wieder neu stellen.
Wolf Goeggingers Arbeit ist seine 1941 bei Prof. Eugen Fehrle in Heidel-berg vorgelegte volkskundliche Dissertation. Wesentlich geprägt wurde Goegginger in seinen darin vertretenen Anschauungen von dem bis in die jüngste Zeit führenden Religionswissenschaftler Prof. Gustav Mensching, der in seiner im Anhang veröffentlichten Arbeit in erfreulich offener Spra-che den Wesensunterschied zwischen Volksreligion und Weltreligion herausarbeitet:

„In den Volksreligionen war das Heil gegeben und der Einzelne konnte es allenfalls verlieren, wenn er sich aus der Gemeinschaft, die zugleich religiöse Bedeutung hatte, löste.“ Von dem innerhalb der Weltreligionen stehenden Menschen dagegen gilt: „Er fühlt sich…religiös isoliert von dem numinosen Urgrunde seiner Existenz…Nicht die Sippe oder das Volk sind mehr Träger der Religion, sondern der Einzelne…Gegeben ist durch weg das Unheil, in dem sich der Einzelne vorfindet. Gewonnen werden soll das Heil“…“War also auf dem Boden der Volksreligion das gegebene Heil zu bewahren, so ist in der Weltreligion das gegebene Unheil zu überwinden, um das Heil des Einzelnen zu gewinnen.“ (Mensching)

Goegginger versteht unter Volksreligion in Weiterführung von Meschings Ansatz

„eine völkisch gebundene Kulturreligion, innerhalb welcher die Volksgemeinschaft Subjekt, zum Teil auch Objekt der Religion ist und die das Heil innerhalb der Volksgemeinschaft als Gegebenes ansieht, das es nur zu bewahren gilt.“ (Goegginger)

Eine besondere „Heilsgeschichte“ und „Auserwähltheit“ findet sich inner-halb der Volksreligion nur in einer bestimmten anderen Religion, deren Anhänger sich in der Erwähltheitsvorstellung mit den Gläubigen der Weltreligion treffen.

Das Wesen der christlichen Weltreligion, wie aller Weltreligionen, ist nach Goegginger gekennzeichnet durch „die Sorge um ein universelles Heil.“ So ist die Voraussetzung des Christentums demnach die Annahme eines allgemeinen Unheilstandes…“. Das Christentum richte sich „über alle natürlichen Bindungen, die als sekundär erscheinen, an den Einzelnen.“ (Goegginger)

Den weltreligiösen Erlösungsgedanken fasst Goegginger kurz so zusam-men:

„Wohl liegt die Auffassung zugrunde dass Gesunde des Arztes nicht be-dürfen (Luk. 5, 31); aber nach christlicher Auffassung ist diese angebliche Gesundheit nur Einbildung, und [ist] wie bereits ausgeführt, jeder Mensch im vorchristlichen Stadium im Unheilsstand.“ (Goegginger)

War bei der vorausgehenden Volksreligion die naturgegebene Gemein-schaft das Primäre, so ist es hier die selbstgewählte, oder wenn man will, die Gemeinschaft von Gott Berufener oder Auserwählter. Es ist selbstverständlich, dass die alternative Bindung die naturgegebene Ge-meinschaft entwertet.
Der Christ ist darum nicht heimatlos, er hat eine andere Heimat gefunden: das Gottesreich, das wohl schon Christus erschienen ist, aber seine Vollendung erst am Ende der Tage erlangt.“ (Goegginger)

Goegginger zitiert den Frankfurter Religionsphilosophen Karl Bonhausen:

„Um den lebendigen Jesus Christus sammelt sich weiter die Schar der Sterbenskranken, um durch ihn gesund zu werden.“

Schließlich wirft Goegginger die von Mensching nicht gestellte Frage auf:

„Ist die hier geschilderte Religion des Christentums noch das Spiegelbild unseres inneren Lebens? –
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Oder – – gibt es etwa eine andersartige ‚Urbotschaft’?“ (Goegginger)

Diese Frage stellt sich heute noch deutlicher, nachdem offenkundig ge-worden ist, dass immer größere Menschenmassen dazu neigen, sich nach einer zunächst religiös begründeten Ablösung von ihrem anthopologisch-volksreligiösen Ursprung, letztendlich einem liberalistisch begründeten totalen Individualismus zuzuwenden.

Wolf Goegginger widmete sein Buch dieser, die Zukunft des ganzen Men-schengeschlechts voraussichtlich entscheidenden Frage. Entsprechend stellte er seinem Buch die Worte voran:
„Das Geheimnis der Theologie, der Gottes- oder Götterlehre, soweit es für uns überhaupt zu enträtseln ist, ist die Anthropologie.“

Dabei hielt Goegginger durchaus Abstand zu den wissenschaftlich unaus-gereiften Rassentheorien des Nationalsozialismus. Er warnt seine „deutsch-christlich“ orientierten Zeitgenossen sogar davor, „in Jesus einen Nationalsozialisten zu sehen.“ (Goegginger)

Auf die Aktualität der anthropologisch und volkskundlich begründeten Religionsthese, wie Goegginger sie vertritt, werden wir heute sogar beim Studium kirchenamtlicher Erklärungen hingewiesen.

So griff im vergangenen Jahr Papst Johannes Paul II. in die letztlich in religiöse Fragestellungen mündende Diskussion um die Massenimmigration von Ausländern nach Deutschland ein. In einer „Ansprache des Heiligen Vaters an die Bischöfe aus Südwestdeutschland“ vom 19. Dezember 1992 ermahnte der Papst seine Bischöfe,“ eine Gesinnungsethik zu ver-meiden, die als Theorie keinen Bezug zum wirklichen Leben hat.“ Er fügte hinzu:

Zwar kenne die Kirche eigentlich keine völkischen Unterschiede, „Ihr [Bischöfe] müsst aber dazu beitragen, dass das deutsche Volk nach Jahren der gewaltsamen Teilung und der nicht ohne Schwierigkeiten verlaufenden Einigung in Frieden seine volle Identität findet.“
(Verlautbarung des Apostolischen Stuhls Nr. 108: „Ansprachen von Papst Johannes Paul II, aus Anlaß der Adlimina-Besuche der deutschen Bischöfe. November/Dezember 1992. Herausgeber: Sekretariat der deutschen Bischofskonferenz, Kaiserstraße 163, 53113 Bonn)

So wenig die Weltreligion, vergleicht man dazu Mensching, der „religio naturalis“, d. h. des Volksreligiösen als Grundlage entbehren kann, so wenig kommt offenbar heute der Papst umhin, seinen Bischöfen zu empfehlen, sich des in Deutschland neu entwickelnden Nationalgefühls zur Festigung der Kirche anzunehmen.

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