Spanischer Sommer – Die abendländische Wandlung zwischen Osten und Westen: Die Hochfinanz und ihr Umschweif am Werk, Hintergründe und Abgründe

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Beschreibung

kartoniert, 312 Seiten, Archiv Edition, broschiert, Faksimile, 1948, ISBN 3-936223-04-1

 

Aus seinem „Spanischen
Sommer“ hier die ersten Seiten und die beiden Absätze „Die
amerikanische Finanzierung Hitlers“ und „Das Warburg­-Geheimnis“ (Dank an Lübeck Kunterbunt!):

 

 

 Severin Reinhard

 

  SPANISCHER SOMMER

 

 Die
abendländische Wandlung

  zwischen Osten und Westen

 

 

 

 INHALT

 

 Seite

Einleitung:
Europäische Reise

Dom im Nebel . . . . . . . . 9

Furcht
auf Reisen . . . . . . . 10

Ueber
den Kirchtürmen Europas . . . .13

Hinter
den Pyrenäen . . . . . . .17

 

1. Kapitel: Spanien im
Weltgeschehen

 

Spanische
Gegenwart . . . . . . . 23

Isolierte
Erneuerung . . . . . . . 30

Die
Lehre des Bürgerkrieges 34

Praktikum
der Leninschule . . . . . 38

Progressive
Auswirkung . . . . . .42

Willielm
Tell und Den Quijote . . . . 51

Leviathan
ante portas . . . . . .57

Völkerrecht
und Weltherrschaft . . . . 64

Politik
und Wandlung . . . . . . 70

 

2.
Kapitel: Politik und Spekulation in
weltgeschichtlichen Tatsachen

 

Seltsame Wechselwirkung . . .
. . 77

Politische Lügen als
Spaltpilze . . . . 82

Wallstreetbörse und
Russenpolitik . . . 86

Tolstoj und die permanente Revolution
. . 90

Weltankläger Torquemada . . .
. . 93

Wischinsky’s Inquisition . . .
. . . 95

 

3. Kapitel: Geld und
Geschichte

 

Das Bankhaus Kuhn Loeb &
Cie .. . . . 105

Getrennte
Geschäfte und geeinte Partner . 111

Rotschild
und Warburg  120

Jakob
H. Schiff ’s «großer Coup» . . . 128

 

Die
Anweisung auf das Kriegsgeschäft 136

Leon
Trotzki und die Geldgeber des Bolsche­wismus . . . . . . . . . . 138

Der
besondere Preis . . . . . . . 146

 

4.
Kapitel: Gottesreich des Goldes

 

Bankiers, Puritaner und
Propheten . . . 151

Das religiöse Motiv des
Bankhauses . . . 155

Macht und Zweck des
Gottesreiches . . . 161

Auf der Spur des Zionismus . .
. . . 166

Antisemitismus als Rezept . .
. . . 170

Die amerikanische Finanzierung Hitlers . . 174

Das Warburg‑Geheimnis . . . . . . 183

 

5.
Kapitel: Die kommunistische Kehrseite des Kapitalismus

 

Paul
M. Warburg’s Griff nach der Währung . 197

Die
Finanzierung der Zersetzung . . . . 202

 

„Operation
Mauseloch“ und das Gesetz Moses  207

Die
talmudische Kippe zum Nihilismus 216

 

6.
Kapitel: Wertung und Ausblick

 

Die große Inversion . . . . .
. . 225

Der Weg der abendländischen
Wandlung . . 232

Dualismus und Einheit des
Geistes . . . 238

Gott ohne Geist? . . . . . . .
. 243

Schuldfrage und Sühne . . . .
. . 248

Auf dem Wege zur Synthese . .
. . . 257

 

7.
Kapitel: Der spanische Sommer

 

Kreutzer‑Sonate . . . .
. . . . 269

Sommerlicher Ausklang . . . .
. . 275

 

Dokumentar‑
und Quellennachweis, Anmerkungen . . . 289

 

 

……In einer Zeit, wo Völker
ihr Vaterland aufgeben, wo ihre heißbesungenen Begriffe zuammenfallen, erlebt
die Welt ein eigenartiges Schauspiel der Staatsgründung. Eine einfache Frage
muß die Antwort erzwingen. Wer den Antisemitismus finanziert, fördert den
Zionismus! Wer also den größten Antisemiten des Jahrhunderts finanziert hat,
Adolf Hitler, der hat zweifelsohne auch dem Zionismus größten Auftrieb
verliehen.

 

Die amerikanische Finanzierung Hitlers

 

Es hieße, den diplomatischen
Fähigkeiten hervorragender Zionisten wenig zuzutrauen, wenn man ihnen die
Ueberwindung. des Abel­willens der Juden gegen die Besiedlung der
palästinensischen. Wüste nicht zumuten würde. Wenn es sich zuerst darum
gehandelt hat, die Juden selber für Palästina zu interessieren, so mußte ein
kräftiger Antisemitismus unter den Völkern entschieden zugkräftig für den
Zionismus sein. Die Anwendung des antisemitischen Rezeptes war aber auch
wirksam, um die andern Völker für die Idee zu gewinnen. Die Regierungen aller
Länder bemühen sich, ihren Völkern das beunruhigende Laster des Judenhasses auf
diese oder jene Weise abzugewöhnen. Statt die natürlichen Ursachen der
Judenhetze abzuklären und zu beheben, versuchen die vereinigten Mächte der
öffentlichen Meinung das Recht auf Stimmungen abzusprechen, die sich periodisch
gegen das Judentum richten. Vielerorts ist man dazu übergegangen,
Antisemitismus als strafrechtlich erfaßbares Delikt zu bezeichnen. Damit ist
eine Folgeerscheinung willkürlich in Ursache verwandelt und diese, als Erreger,
den Medikamenten gleichgesetzt, die nur auf ärztliches Rezept hin den Patienten
verabreicht werden dür­fen. Um festzustellen, wer das gefährliche Mittel an die

Patienten,
in diesem Falle die Völker der Erde, verab­reichen darf, muß erforscht werden,
wer dem Antisemi­tismus Vorschub leistet. Das kann am allerbesten und deutlichsten
am Beispiel Hitlers gezeigt werden, dem zwei­fellos nicht abzusprechen ist, daß
er am meisten und gründlichsten Antisemitismus erzeugt und verbreitet hat. Es
ist dabei in Betracht zu ziehen, daß Adolf Hitler kei­neswegs dilettantisch
vorgegangen ist, indem er einfach eine judenfeindliche Stimmung im deutschen
Volke er­zeugt hat. Er hatte auch keineswegs die gewöhnliche Politik der
Verlegenheit angewandt, die den Juden als Sündenbock für wirtschaftlichen
Mißerfolg dem Volkszorn preisgibt. Bekanntlich hat Hitler nach seinem
Machtantritt das wirtschaftliche und finanzielle Schicksal Deutschlands in die
eigene Hand genommen und gewissermaßen in Idealkonkurrenz zu Franklin D.
Roosevelt verschiedene Probleme der Wirtschaft angepackt, wie beispielsweise
die Arbeitslosigkeit. Den Juden aber hatte er den Krieg erklärt. Er hatte dies
nicht über Nacht getan und hatte sie nicht plötzlich überfallen, sondern er
bekannte sich in seinem Buche „Mein Kampf“ als unversöhnlicher Gegner
des Judentums Es blieb den Juden in Deutschland an­heimgestellt, seine Androhungen
ernst zu nehmen oder sie zu mißachten, aber ein Zweifel darüber ist er weder den
Juden selber noch irgend jemandem schuldig ge­blieben, daß er bei Antritt der
Macht den Krieg gegen das Judenvolk mit aller Schärfe führen werde. Demnach ist
Adolf Hitler als Judenfeind zu betrachten, der sich wie kein anderer Staatsmann
in der Geschichte offen gegen die Juden wandte. Es ist keinem intelligenten Menschen
zuzutrauen, zu glauben, daß Mächte, welche am Zustandekommen der Machtergreifung
Hitlers beteiligt waren, diese Gesinnung Hitlers verkannt haben und von seiner
antisemitischen Einstellung nichts wußten. Im Gegenteil mußte sich jedermann,
der Hitler im großen finanziell unterstützte, darüber klar sein, daß damit auch
der antisemitische Krieg unterstützt würde. Der hitler­sche Antisemitismus hatte
aber nicht nur in Deutschland seine Wirkung, sondern ganz Europa wurde von den
Folgen der judenfeindlichen Handlungen Hitlers erfaßt und was in Deutschland an
antisemitischem Samen gesät war, ging auch bald in der ganzen Welt als
zionistisches Erwecken tausendfältig auf.

 

Es war durchaus nicht das
erste Mal in der Geschichte der Völker, daß Menschen um ihrer Gesinnung oder
Herkunft willen verfolgt und in die Emigration getrieben wurden. Aus dieser
Tatsache hat sich aber auch manche Erschließung neuer Erde und neuer
Möglichkeiten ergeben. Gerade das Beispiel der Puritaner zeigt, wie politische
Ursachen oftmals kolonisatorische Wirkungen nach sich ziehen. Auch die
Hugenotten haben aus der Not ihrer Emigration eine Tugend gemacht und viele der
europäischen Wandlungen haben die Besiedlung des amerikanischen Kontinentes
nach sich gezogen. An praktischen Vorschlägen, die von Hitler vertriebenen
Juden kolonisatorisch zu erfassen und ihre Enttäuschung über eine Zivilisation
in neue sinnvolle Lebensgestaltung umzuleiten, hat es nicht gefehlt. Es zeigt
sich aber, daß der Zionismus aus diesen Verfolgungen der Juden allein Ernte hielt
und zwar nicht nur inbezug auf die Verwirklichung des Judenstaates in
Palästina, sondern auch als geistiger Auftrieb, dem eine Art jüdische
Renaissance auf dem Fuße folgte.

 

Es wäre schlecht gedacht,
einer Persönlichkeit vom Stande und der Bildung des deutschen Bank‑ und
Industrieführers Max M. Warburg zuzutrauen, er würde die wahre Einstellung
Hitlers verkannt haben und sich haben verleiten lassen, in Deutschland zu
verbleiben, bis schließlich eine letzte Welle, kurz vor Ausbruch des
unvermeidlichen Weltkrieges, auch das Haus Warburg & Cie. in Hamburg
hinwegspühlte. Vielmehr ist anzunehmen, daß der bedeutende Mann das
Unvermeidliche soweit an sich hatte herankommen lassen, bis er im Juli 1938 die
Zeit gekommen sah, das sinkende Schiff Deutschland zu verlassen. Es ist nicht
zu übersehen, daß Max M. Warburg nicht nur der Bruder des großen Paul M.
Warburg im Bankhaus Kuhn Loeb & Cie. war, der als einziger unter den
amerikanischen Finanz‑ und Wirtschaftsführern den „schwarzen
Freitag“ voraussagen konnte, sondern imstande war, seinen in Deutschland
verbliebenen Bruder vor kommenden Dingen zu warnen. Aber Max M. Warburg war ja
auch der Bruder von Felix M. Warburg dem Vorsitzenden des Administrative
Committee der Jewish Agency, der als einer der führenden Zionisten zu gelten
hat und im Aufbau Palästinas eine eigenartige, maßgebliche Stellung inne hatte.
Seine Gattin war Vorsitzende der zionistischen Frauenorganisationen und in Dr.
Judah L. Magnes, dem Kanzler der hebräischen Universität in Jerusalem, besaß
der unerschöpfliche Finanzmann einen Mitarbeiter, der als die geistige
Kapazität des Judentums eine besonders wichtige Rolle im Zionismus spielt.

 

Wenn von einem einzigartigen
Geschäft die Rede ist, welches zwischen 1929 und 1933 entscheidend dazu beigetragen
hat, Adolf Hitler „auf legalem Wege“ zum Machthaber in Deutschland zu
machen, so handelt es sich um eine Parallele zu den finanziellen
Unternehmungen, mit denen der Gründerpräsident des Bankhauses Kuhn Loeb &
Cie., Jakob H. Schiff, schon einmal den Verlauf der geschichtlichen Ereignisse
beeinflußt hat. Trotz der sehr imposanten Höhe der dabei aufgewendeten Summen,
handelte es sich aber stets um spekulative Einsätze, denen die Bedeutung des
Züngleins an der Waage zufiel. Was weit mehr als das eingesetzte Geld zum
Gelingen beitrug, war die kühne Konzeption und die einzigartige Strategie,
welche bei diesen Eroberungen, wie von einem Generalstab, angewendet wurde. Nur
ein Kopf, der gewohnt war, in Jahrhunderten zu denken und Begriffe ebenso wie
Machtmittel zur Seite zu haben, war imstande, solche Einsätze zu rechtfertigen.
Rechtfertigen vor wem? Nun, zunächst vor den Teilhabern des Bankhauses Kuhn
Loeb & Cie.

 

Die Rolle eines Mitgliedes der
Familie Warburg, bei der Finanzierung Hitlers in den entscheidenden Phasen
seines Aufstieges zur Macht, erträgt eine Reihe von Deutungen, von
mythologischen Zusammenhängen bis zu primitiven Wirklichkeiten. Aber die
Mystifikation, welche das Warburggeheimnis umgibt, ist unschwer in klare
Tatsachen aufzulösen. Zunächst ist allerdings eine Publikation maßgebend,
welche im Jahre 1933 bei dem bekannten Verlage Holkema und Warendorf in
Amsterdam erschienen ist und den Titel trägt: „Die Geldquellen des
Nationalsozialismus“. Es ist ein Bericht über drei Verhandlungen mit Hitler.
Als Autor ist Sidney Warburg genannt und der holländische Text ist von ­einem Schriftsteller
namens J. G. Schoup aus einer Sammlung von Originalaufzeichnungen,
tagebuchartigen Hinweisen und Berichten verfaßt worden. Soweit dabei
handgreifliche Verschreibungen und Mängel am Manuskript haften geblieben sind,
handelt es sich, wie bei den Fehlern an orientalischen Teppichen, weit mehr um
Beweise der Echtheit des Dokumentes, als um das Gegenteil. Das Buch hatte aber
kaum das Licht des Tages erblickt, als es auch schon aus dem Handel
zurückgezogen wurde. Nur wenige Exemplare scheinen den Weg in die Freiheit
gefunden zu haben, und was von einem jüdischen Rechtsanwalt in Amsterdam, im
offensichtlichen Auftrag der Warburg‑Familie nicht zurückgeholt werden
konnte, wurde von Geheimpolizisten der Hitlerbewegung in Holland erjagt. Nachdem
Hitler zum Haupt des benachbarten Deutschland geworden war, wäre es dem kleinen
Staate Holland zweifellos auch nicht wohlbekommen, wenn diese Dokumentationen,
die ein finanzielles Geheimnis des Führers beleuchteten, ausgekommen wären.
Dazu existierte in Holland bereits eine nationalsozialistische Bewegung unter
der Führung Musserts, die sich alle Mühe gab, auch die Gerüchte um dieses Buch,
die überall herumschwirrten, zum Verstummen zu bringen. Die bloße Kenntnis
einer bevorstehenden Publikation über Enthüllungen eines Mitgliedes der Familie
Warburg hatte in Europäischen Bankkreisen erhebliches Aufsehen erregt und das
Interesse daran wollte nicht abflauen, bis endlich eine Broschüre erschien, die
einen ähnlichen Titel trug, vom Kassier der Mussertbewegung in Holland verfaßt
war und allgemeine Behauptungen über die finanzielle Sauberkeit und
Unabhängigkeit der Hitlerbewegung enthielt. Die Empfänger, welche anderes
erwartet hatten, gaben ihrer Enttäuschung Ausdruck und es prägte sich das Wort
„Mystifikation“, welches zum schützenden Nebel um das verschwundene
Buch eines Warburg wurde. Auffallenderweise verzog sich auch der in Amsterdam
wohnende Anwalt, welcher das Verschwinden des Buches geleitet hatte, nach den
Vereinigten Staaten, wo er als Mitbewohner im Hause gesichtet wurde, das auch
von Max M. Warburg nach seiner Flucht aus Deutschland bewohnt worden ist.

 

So gründlich die belastende
Dokumentation über den finanziellen Grund von Hitlers Erfolg beseitigt worden war,
so fielen doch dem österreichischen Gesandten von Alexis in den Haag die zwei
Exemplare in die Hände, welche offenbar in die Stöße von Büchern geraten waren,
die eine Bibliothek zu empfangen pflegt, um sie sukzessive zu katalogisieren.
So kam das geheimnisvolle Buch in zwei Exemplaren nach Wien, wo es vom
Bundeskanzler und einigen Vertrauten der Regierung gelesen wurde. Die
Herausgabe dieser Wahrheiten schien den Oesterreichern aber nicht mehr ratsam,
nachdem sie durch den Mord an Bundeskanzler Dollfuß und die Umtriebe der
national sozialistischen Zentrale an der Teinfaltstraße eingeschüchtert und von
drohenden Maßnahmen des Reiches bedroht waren. Dazu schien es der Regierung
nicht geraten, unter den Augen des deutschen Gesandten von Papen die
Weltöffentlichkeit auf diese Zusammenhänge hinzuweisen. Die zuständigen Stellen
sandten daher einen Vertrauensmann in die benachbarte Schweiz, wo soeben die
Enthüllungen von Dr. Otto Straßer über die Vorgänge in Deutschland in einem
Buche „Die deutsche Bartholomäusnacht“ erschienen waren. Ehe noch der
deutsche Griff nach Oesterreich vollzogen war, wurde das eine der beiden
Exemplare dem Verleger Straßers ausgehändigt, der in der Folge eine kleine
Publikation unter dem Titel „Finanzielle Weltgeschichte“ (Resoverlag
1936) herausgab, deren Wirkung in der Flut von politischen und andern
Enthüllungen unterging.

 

Eine erste Abklärung über den
wahren Verfasser des geheimnisvollen Buches ergab sich aus einer zufälligen
Unterhaltung, die der Verfasser mit dem gerade zum Minister ernannten
schweizerischen Geschäftsträger in Prag, Dr. Bruggmann, im Kreise seiner
Familie hatte. Nach Erwähnung des Namens und der Umstände bestätigte die Gattin
des hohen Gastgebers, daß es sich um niemand anders handeln könne, als einen
Gespielen aus Ihrer Jugendzeit, der auch ihr Schulkollege war und sie gab eine
Reihe von Feststellungen an, welche nicht nur auf die Angaben des Buches
paßten, sondern die Persönlichkeit des Verfassers deutlich machten. Sidney ist
ein naheliegendes Synonym für James, weil beide Namen im familiären Umgang mit
„Shimmy“ bezeichnet werden und nach sorgsamen Prüfungen sowohl der im
Buche erwähnten Umstände als auch der übrigen Charakterisierungen und Tatsachen
konnte hinter dem Verfasser niemand anders zu suchen sein, als James P.
Warburg, der im Jahre 1896 geborene, einzige Sohn des früheren Staatssekretärs
Paul M. Warburg, des Teilhabers von Kuhn Loeb & Cie. Das ungewollte Zeugnis
der hohen Dame erhielt sein Relief durch den Umstand, daß es sich bei ihr um
die Schwester des früheren Vizepräsidenten der Vereinigten Staaten, Henry A.
Wallace, handelt, die als Gattin des schweizerischen Gesandten, Minister
Bruggmann, alsbald in Washington ihren neuen Wirkungskreis antreten konnte.

 

Eine Folge von weitern
Zeugnissen, Indizien und schlüssigen Beweisen verdichtete die Vermutung über
die Persönlichkeit des Autors zur einfachen, leicht beweisbaren Tatsache. Ganz
abgesehen davon erleichterten die schriftstellerischen Leistungen, welche James
P. Warburg in den nachfolgenden Jahren zutage brachte, erheblich die Klärung
der Zusammenhänge. In seinen Büchern „The Money Muddle“ und
„It’s up to us“, welche beide im Jahre 1934 in New York erschienen
sind, enthüllt sich die geistige Beschaffenheit eines Mannes, der sowohl als
Mitglied der Hochfinanz, als auch durch sein ganz besonderes Wissen und seine Theorien
und Lehren zu einzigartiger Bedeutung emporgewachsen ist. Zwischen den Zeilen
fast eher als in immerhin deutlichen Anmerkungen, aus Lücken ebensowohl wie aus
enthüllenden Hinweisen ergibt sich die unwiderlegbare Bestätigung seiner
geheimen Mission, die er bei Hitler zur Ausführung gebracht hat. Dazu ist seine
freundschaftliche Beziehung zu Präsident Roosevelt, der ihm ganz besondere
psychologische Kenntnisse der beiden Diktatoren in Europa, Hitler und Mussolini
verdanken konnte, und seine Vertrautheit mit der weltpolitischen Umspannung der
Welt durch die Diplomatie des Weißen Hauses ein solider Grund für die übrigen
Beweise seiner Intervention im Schicksal Europas.

 

Die gewaltigen Geldmittel,
welche Hitler durch Warburg in den entscheidenden Phasen seines Aufstieges
vermittelt worden sind, haben ihre Wirkung getan. Der deutsche Riese Goliath
ist, wie einst der zaristische Koloß, gefällt. Die Zerrüttung des europäischen
Kontinentes, der Zerfall seiner Zivilisation und die endgültige Vernichtung
seiner Vorherrschaft hat zwar den Boden für die Errichtung des amerikanischen
Imperiums freigegeben. Im Wesentlichen aber ist aus diesem vernichteten Europa
der unwiderlegbare Beweis für die Notwendigkeit des Gottesreiches der Juden in
Palästina und auf Erden aufgestiegen und hat alle Juden in allen Ländern in
einer Art und Weise geeinigt, wie das die Führer des Zionismus kaum zu hoffen
wagten, als sie Theodor Herzl’s Idee zur Aufgabe übernahmen. Aber auch alle
Völker, die teils in ihre Ghettos zurückgeworfen und der Bestrafung
ausgeliefert sind, haben diese Notwendigkeit begriffen. Dazu ist im weitesten
Sinne die Erfüllung der biblischen Prophetie in die Wege geleitet worden und
die Menschheit steht im Begriffe, erfassen und begreifen zu lernen, daß eine
talmudische Rechnung darüber geführt worden ist, was dem Volk Israel auf seinem
Wege zum Gottesreiche Gutes und Böses angetan worden ist.

 

Die gigantische Finanzierung
Hitlers war somit eine Finanzierung des Antisemitismus. Aus den Katastrophen hat
sich das zionistische Ziel als Licht in der Dunkelheit des ewigen Wanderers
Ahasverus erhoben. Der Friedhof der Nationen, das Schlachtfeld der Zivilisation
und die Ghettos der niedergeworfenen Völker reihen sich an den Pfad, auf
welchem der Zug der Hebräer seinem Ziele zustrebt. Was an Irrtümern der
Menschheit an Bruchstellen der Entwicklung und an Sünden der Geschichte seine
Fälligkeit erleben mußte, das hat sich als Steinbett des einzigartigen Weges
erwiesen, durch welchen ein Volk seine Neugeburt erleben will. Ein Reich,
dessen Vernunft die Anschauungen der Völker beleben, dessen Macht sie
beherrschen und dessen weise Führung sie lenken und zum Ziele führen soll,
wird. das Gottesreich auf Erden sein, das mit Kanaan übereinstimmt.

 

  Das Warburg‑Geheimnis

 

Der Ablauf geschichtlicher
Ereignisse erfährt in der Geschichtsschreibung zuweilen erst nach Jahrhunderten
die Würdigung, welche den Wirklichkeiten zukommt, die sich hinter den
Vorkommnissen versteckt gehalten haben. Erst im Bilde der Epochen, welche das
Werden der Menschheit bestimmen, entblößen sich Triebkräfte, deren Wesen
unbekannt geblieben ist. Was als Durchbruch festgestellt werden muß, entpuppt
sich oft als Folge eines biologischen Vollzuges und was an elementaren Kräften
in explosiven Wirkungen zutage getreten ist, kann später oft als Erfüllung
neuer, geistiger Erkenntnis verständlich gemacht werden.

 

Das Warburggeheimnis ist eine
erregende Tatsache, welche nicht nur die Geschichtsschreibung in neue, bisher
noch kaum betretene Gefilde lenkt, auf denen es Tatsachen, Ursachen und
Wirkungen zu ordnen gibt, sondern das Geheimnis deutet, das in dieser
Darstellung deutlich gemacht wird. Ein neues Kapitel der Weltgeschichte wird
sozusagen auf der Schwelle seines Vollzuges erschlossen

 

Warburg hat seine
Niederschriften, die Tagebuchnotizen, Kabeltexte, Protokolle und eigenen
Vermerkungen in einem Augenblicke preisgegeben, als ihn seine eigene Rolle, die
ihm zugewiesen war, übermannte. Was die Stärke seines Herzens war, ist ihm
zweifellos als Schwäche ausgelegt worden und bedingte seine unentwegte
Bemühung, sich in der Folge zu rechtfertigen und als Nachfolger seines Vaters
nicht nur dem ­engen Kreise des Bankhauses anzugehören, wo er als Erbe seinen
Platz fand, sondern auch den Rang im „Uebergeschehen“ zu erwerben, an
dem teilzunehmen und mitzuwirken er berufen war. Er hatte im Freundeskreise aus
seinem Herzen keine Mördergrube gemacht, als er in England die frischen Eindrücke
wiedergab, die er auf seinem letzten Besuche in Berlin aufgenommen hatte. Für
einen kurzen Augenblick glaubte er es mit seinem Gewissen nicht vereinen zu
können, sein Wissen um die Hintergründe des Geschehens für sich zu behalten. Er
wollte sich opfern, um der Menschheit zu dienen. Damit enthüllte er eine
messianische Leidenschaft, wie sie in seinem engeren Umkreis durchaus
naheliegend und verständlich sein muß, denn alles, was den jungen Mann umgab,
war ein unentwegtes Sichbewegen im Kreis der prophetischen Dinge. Als Sohn
eines Berufenen und Sproß eines Geschlechtes, das Höchstes und Letztes vertritt,
brauchte er keineswegs zu lernen, was seine Aufgabe sein sollte, sondern es kam
nur darauf an, in sie hineinzuwachsen. Die Preisgabe eines Geheimnisses, unter
dem Druck des Gewissens, war ihm, trotz der unermeßlichen Gefährdung, nicht
schwer anzurechnen. Es ist anzunehmen, daß es ihm gelungen ist, die Scharte
auszuwetzen und er dürfte als Teilhaber des geheimnisvollen Bankhauses weit
mehr als nur die Rolle eines Weltbankiers und superklugen Schriftstellers
innehaben.

 

Der amerikanische Journalist
H. R. Knickerbocker beschreibt in seinem berühmten Buche „Deutschland So
oder So?“ (hitlerisch oder kommunistisch?) die Lage auf dem europäischen
Kontinent im Jahre 1932 und kam zu folgenden Schlußfolgerungen:

 

„Die amerikanischen
Investitionen auf dem europäischen Kontinent sind in einem Schlachtfeld
angelegt.

 

Das deutsche Volk hat als
Ganzes den Versailler Vertrag abgelehnt und verworfen. Frankreich sieht in ihm
seine einzige Lebensgarantie. Deutschland kann keine Reparationen zahlen. In
einer gesunderen Wirtschaft könnte es zahlen, aber es wird es nicht tun, denn
in Zukunft wird Deutschland keinen Teil des Versailler Vertrages erfüllen.
Seine Privatschulden kann und wird Deutschland zahlen, vorausgesetzt, daß die
Franzosen nicht mit Gewalt gegen das Reich vorgehen. Deutschland ist
entschlossen aufzurüsten, wenn Frankreich nicht abrüstet.“

 

Das ist die Quintessenz der
sorgfältigen Untersuchungen, mit denen der amerikanische Schriftsteller seinen
hohen Rang als analytischer Betrachter unter Beweis stellte. Seine
Feststellungen bilden den tatsächlichen Ausgangspunkt für die Wahrheiten,
welche Warburg in seinem Geheimbuch darlegte. Gleichzeitig operierte Morgan über
die Bank für internationalen Zahlungsausgleich in Basel. Dieser lag die
Verwaltung amerikanischer Forderungen in Deutschland ob, welche in den
verschiedenen Anleihen in Erscheinung traten (Dawes‑Young u. a.
Anleihen). Aufgabe dieser Bank sollte sein, diese Wertpapiere vor dem
vorbestimmten Kurszusammenbruch ins breite Publikum abzustoßen, was ja auch durch
das Mittel einer gewaltigen Propaganda gelang. Damit diese Manipulationen
durchgeführt werden konnten, war es notwendig, die deutsche Währung aufrecht zu
erhalten, wenigstens so lange, bis das Geschäft gemacht war. Der sicherste Mann
für die Ueberwachung dieses Geschäftes war Dr. Schacht. Es ist aber notwendig,
diesen Wahrheiten vorerst noch eine Tatsache voranzustellen, die sich auf den
Prozeß von Nürnberg, im Jahre 1946, bezieht, wo die Männer um Hitler als
Kriegsverbrecher verurteilt und hernach gerichtet worden sind. Zur
Charakterisierung der Prozeßführung ‑ einem neuesten Bericht der
„Neuen Zürcher Zeitung“ über spätere Vorfälle vor dem Gerichtshof
entnommen ‑ sei der Fall des Verteidigers, Dr. Seidel genannt, der in
seinem Plädoyer wiederholt auf den Vertrag von Versailles Bezug nahm, obwohl
solche Hinweise „als für den Prozeß unerheblich“ bereits mehrmals
abgelehnt worden waren. Beim ersten Vortrag des Plädoyers machte Richter
Lawrence auf diesen Entscheid aufmerksam. Als Dr. Seidel trotzdem aus dem
Vertrag zitierte, wurde er angewiesen, seinen Vortrag abzubrechen und sein
korrigiertes Manuskript dem Gericht vorzulegen. Auch das korrigierte Manuskript
enthielt zahlreiche Zitate aus dem Vertrag von Versailles. Darauf nahm das
Gericht selbst die entsprechenden Streichungen vor und Seidel beschränkte sich
nunmehr auf die Verlesung des Restes seines Manuskriptes.

 

Warum durfte in Nürnberg ‑
und auch später nicht ‑ nie vom Versailler Vertrag die Rede sein?

 

Es war im Juli 1929 als unter
den Bankiers von Wallstreet eine beklemmende Stimmung Einzug zu halten begann.
Zwar lief die Spekulation in Amerika noch auf Hochtouren und nur Paul M.
Warburg erhob warnend seine Stimme, als müsse dieser besinnungslose Tanz um das
goldene Kalb ein drastisches Ende nehmen. Unter der Führung des Leiters der
Guaranty Trust Company, Mr. Carter, fanden sich die Direktoren der fünf Federal
Reservebanken zu einer Besprechung ein, bei welcher auch Rockefeller Junior und
Mc. Glean als Vertreter der Oelinteressen teilnahmen. Selbst den Magnaten der
Hochfinanz erschien die Lage bedrohlich, als sich ergab, daß über 5 Milliarden
Dollars von 8 1/2 Milliarden, die in Mitteleuropa investiert waren, eingefroren
waren und weder Zinsen noch Abzahlungen eintrugen. Es handelte sich nicht nur
um Schuldenpapiere, welche als Siegespreis deutsche Verschuldungen darstellten,
sondern man hatte diesem Volke auch Darlehen und Anleihen gewährt, weil man
sich von seiner Tüchtigkeit, seinem Arbeitswillen und Fleiß pünktliche
Zinsleistungen versprach. Zusehends nahm aber die deutsche Zahlungsfähigkeit ab
und die Untersuchungen ergaben, daß die Befriedigung aller Forderungen durch
die deutsche Wirtschaft nicht mehr erfüllt werden konnte. Die Ursache dieses
Zustandes entdeckte man bei den Franzosen. Sie hatten es verstanden, ihre
Ansprüche, die ihnen durch den Vertrag von Versailles zugestanden worden waren,
zu privilegieren. Nachdem sie die Sachleistungen der Deutschen abgelehnt
hatten, zogen sie ihren Anteil an Reparationen in Gold ab, das den Deutschen
für den Exportüberschuß bezahlt werden mußte. Sie stärkten die Geldpolitik der
Banque de France in einem Maße, daß sie ihren gefährdeten Franken wieder
sanieren und sogar eine aggressive Währungspolitik führen konnten. Die
Amerikaner und Engländer gingen mit ihren Ansprüchen auf Reparationen leer aus
und so oft davon die Rede war, erhob sich ein wütendes Zeitungsgeschrei gegen
die Geschäftemacher, welche nur Dollar, nicht Blut, wie die Franzosen, geopfert
hatten. Zu diesen nüchternen Feststellungen gesellte sich die Tatsache, daß
Deutschland seit dem Abkommen von Rapallo, welches von Walther Rathenau
durchgesetzt worden war, starke politische und wirtschaftliche Neigungen zu Rußland
entwickelte. Russisches Benzin begann den deutschen Markt durch die
„Derulop“ zu erobern und zwischenstaatliche Beziehungen brachen sich
Bahn, die den Angelsachsen zunehmend Sorgen bereiteten.

 

Die Finanzleute waren sich
darüber einig, daß eine Aenderung der Lage auf politischem Boden herbeigeführt
werden müsse, nachdem sich die wirtschaftliche und finanzielle Möglichkeit
dafür nicht mehr ergab. Es erhob sich die Notwendigkeit, in Deutschland einen
Mann zu finden, der imstande war, der revolutionären Entwicklung des
Bolschewismus zuvorzukommen und eine nationale Politik zu betreiben, welche auf
Frankreich beängstigend wirken sollte. Unter dem Druck einer neuen Bedrohung
würden die Franzosen sich an die früheren Alliierten wenden, und diese würden
Frankreich die Bedingungen für ihre weitere Hilfeleistung zunächst diktieren.
Nur eine solche Entwicklung der Dinge konnte dazu führen, das
Reparationenproblem neu zu regeln und Frankreichs Vormachtstellung auf dem
Kontinent und in der Währungspolitik zu brechen.

 

Der Mann, den die Bankiers
nach Deutschland schickten, um die Frage einer deutschen Revolution zu prüfen,
fand sich in der Person des jungen Warburg, der klug, gebildet und wohlbehütet
war und die deutsche Sprache beherrschte, weil er im Bankhaus seines Onkels in
Hamburg mehrere Jahre gearbeitet hatte. Mit allerhöchsten Empfehlungen
ausgestattet, reiste Warburg nach Deutschland. Er traf sich bald darauf mit
Hitler in München, der nur allzuwillig in die dargebotene Hand des reichen
Amerikaners einschlug und sich von ihm aus den Geldsorgen befreien ließ, die
ihn und seine nationalsozialistische Bewegung ständig bedrängten. Amerika?
Gewiß, Deutschland vergißt nicht, daß die Amerikaner die ersten waren, die
Deutschland wieder auf die Beine halfen. (Was mochte Hitler davon wissen, daß
es die Warburg auf der alliierten Seite waren, welche den Warburg auf der deutschen
Seite die Schiffe des norddeutschen Lloyds wiedergaben!) Die Schulden an
Amerika werden strikte bezahlt werden, wenn ich zur Macht komme, sagte Hitler
und Warburg nahm das befriedigt zur Kenntnis. Frankreich? Lesen Sie mein Buch
„Mein Kampf“ und Sie werden sich überzeugen, daß Frankreich unser
Feind ist, den Deutschland niederringen muß um zu bestehen. Bolschewismus? Wer
in aller Welt ist entschlossener als ich, gegen die Russen aufzutreten? Es
dauerte nicht lange, bis Warburg auf seinen Kabelbericht die Ermächtigung
bekam, Hitler zunächst 15 Millionen Dollar, also 60 Millionen Mark
auszuhändigen. Die Transaktion vollzog sich in Amsterdam, wo Mendelssohn &
Cie einen Teil der Summe, die Bankvereinigung in Rotterdam einen anderen Teil
des Geldes und Rom den Rest an Hitlers Vertrauensleute ausbezahlte.

 

Im Jahre 1931 hatte sich die
Lage für die amerikanische Hochfinanz noch keineswegs gelockert. Wohl hatte
Hitler bedeutenden Zuwachs bekommen, sein Ansehen stieg und er hatte eine Armee
organisiert, die auch den letzten Einsatz wagen konnte. Er bat um neue
Zuwendungen und als Warburg seinen Auftraggebern das Gesuch unterbreitete,
fanden diese eine neue Reise notwendig. Warburg traf Hitler in teilweise neuen,
imposanteren Umständen in Berlin, wo ihm auch neue Männer der Partei vorgestellt
wurden. Unterdessen spielte sich in Amerika ein neuer Akt der Tragödie ab,
welche diesem Vorspiel unweigerlich folgen mußte. Präsident Hoover war der
Klage der Bankiers müde geworden. Er sah das Volk in Arbeitslosenheere
zerfallen und glaubte, daß die Prosperity round the corner, gerade um die Ecke,
wiederzufinden sei. Kaum hatte er seinen Wunsch und Willen bekundet, das
Hindernis der wirtschaftlichen Entwicklung, nämlich das Reparationenproblem,
anzupacken, erschien bei ihm der französische Ministerpräsident Laval mit
seiner Tochter und ließ in New York zwei Direktoren der Banque de France, die
imstande waren, seinen politischen Forderungen Nachdruck zu verschaffen. Hoover
verpflichtete sich, das Reparationenproblem niemals wieder aufzugreifen, ohne
vorher die Zustimmung Frankreichs einzuholen, worauf die Banque de France sich
entschließen konnte, ein Guthaben in Gold von über 800 Millionen Dollar stehen
zu lassen. Der Abruf hätte dem Dollar das gleiche Schicksal bereitet, das in
jenen Tagen dem englischen Pfund auferlegt worden war, denn es mußte sich die
Bank von England zum ersten Male seit ihrem Bestehen entschließen, vom
Goldstandard abzugehen.

 

Warburgs Nachrichten waren
ermunternd und Hitler bekam noch einmal die saftige Zulage von 10 Millionen
Dollars, welche die geheimen Zuwendungen aus dem Rheinisch­westfälischen
Syndikat ergänzten. Die Rhenania in Düsseldorf vermittelte ihm dazu auch die
Beiträge des holländischen Oelmagnaten Deterding, der es den Russen übel
genommen hatte, daß sie ihm die Oelquellen von Baku vorenthielten und zudem
noch Dumping‑Konkurrenz gegen ihn betrieben. Bei seinem Onkel und anderen
Freunden ließ sich Warburg über die antisemitischen Tendenzen Hitlers
beruhigen, obwohl es sich mit seinem Stolz und der Empfindlichkeit, die ihn
auszeichnete, schwer vertrug, einem Manne Geld zu geben, der seine Rasse als
minderwertig bezeichnete und sie ausrotten wollte.

 

Die Wallstreet war durch die
Uebereinkunft Hoovers mit Laval aufs äußerste erbittert und verweigerte in der
Folge ihre Wahlbeiträge, welche die Wiederwahl dieses Präsidenten sichern
sollten. In diese Lücke trat ein Demokrat, Franklin D. Roosevelt, der sich der
Unterstützung mächtiger Spekulantenggruppen erfreuen konnte und vor allem die
Unterstützung der Radikalisten und Zionisten besaß. Unter den ersten Vertretern
der Hochfinanz, die sich an seine Seite stellten, war auch der Sohn des Staatssekretärs
in der demokratischen Regierung Wilsons, der junge Warburg, der sich als
besonderer Kenner der Währungsprobleme aufspielte und stets zwischen den
Theorien von Keyne, Fisher und andern Größen einen praktisch gangbaren Ausweg
zu finden wußte. Der Börsenkrach in Wallstreet hatte die Dinge
durcheinandergeworfen und Europa war von einer Kette gewaltiger Zusammenbrüche,
dem Nordwollekrach, dem Krach der österreichischen Nationalbank und andern
Konkursen großen Stils erschüttert worden. Immer mehr zog die Figur Hitlers die
Aufmerksamkeit der Finanziers auf sich, welche von einem bolschewistischen
Umsturz zunächst nichts, von einer nationalsozialistischen Entwicklung aber
alles, und nicht zuletzt gewaltige Rüstungsgeschäfte, zu erwarten hatten.

 

Das dritte Zusammentreffen
Warburgs mit Hitler vollzog sich unter Begleitumständen, die der Feder eines
Shakespeare würdig wären. In der dem Reichstagsbrand folgenden Nacht begegneten
sich die Exponenten zweier Welten, um feilschend und streitend den Betrag
festzusetzen, der die letzte Stufe der Machtergreifung überwinden sollte. Zwar
hatte Hitler bereits das Amt, das er gesucht hatte, aber es fehlte ihm das
Geld, um die Wahlen zu gewinnen. Bitterlich beklagte er sich über Hugenberg, der
ihm die Mittel vorenthielt, mit denen er auch ihn überspielt haben würde. Er
verwies auf die vollen Gewerkschaftskassen, welche den Sozialdemokraten die
Mittel für die Wahlen zur Verfügung stellten. Die Kommunisten waren von Rußland
her finanziert und nur er stand vor hoffnungslos leeren Kassen, die sein
Verderben zu werden drohten. Joseph Goebbels beschrieb die Lage in seinem Buche
„Vom Kaiserhof zur Reichskanzlei“. Tiefe Niedergeschlagenheit hatte
sich der Führerschaft bemächtigt, aus welcher Gregor Straßer als
aussichtsreichster Retter in der Not unter dramatischen Umständen ausgeschieden
war. Von Selbstmord ist die Rede; düstere Andeutungen, wie die
Aussichtslosigkeit eines Staatsstreiches, beschatten die tagebuchartigen
Aufzeichnungen. Da, plötzlich ein Lichtstrahl ! „Ein großer Betrag ist uns
zugesichert worden.“ Man wird den Kampf aufnehmen, man wird in die Wahlen
steigen und man wird siegen. Der Sieg ist unser.

 

Es ist weder bei Goebbels,
noch in irgendwelchen Veröffentlichungen der Nationalsozialisten davon die
Rede, daß im Morgengrauen dieses Befreiungstages ein amerikanischer Jude die
Tiraden seines Gesprächspartners unterbrach und diesem unter der Türe
nocheinmal die Verpflichtung in Erinnerung rief, welche mit der Ueberweisung
der letzten Summe von sieben Millionen Dollars verbunden war, nämlich der
Angriff gegen Frankreich.

 

Es braucht nicht erklärt zu
werden, wie Hitler diesen Preis, den er für seine Finanzierung zahlen mußte,
eingelöst hat.

 

Warburg ließ diesmal das Geld
an die Rhenania nach Düsseldorf kommen, wo es an Dr. Goebbels ausbezahlt wurde.
Ein Teil allerdings wurde wiederum durch die Banca d’Italia in Rom überwiesen
und Warburg befand sich in Gesellschaft Görings im Hause von Italo Balbo als
der einzige Zivilist unter den glanzvollen Uniformen der Vertreter einer neuen
Welt. Er fuhr nach England, wo er vom neuen Präsidenten der Vereinigten
Staaten, Franklin D. Roosevelt zum Finanzberater der amerikanischen Delegation
an der internationalen Wirtschafts‑ und Währungskonferenz abgeordnet war.

 

Als der schweizerische
Verleger und Publizist mit seiner geheimnisvollen Wahrheit und dem Wissen, das
nirgends willkommen war, den bekannten Leiter der amerikanischen Liga für
Menschenrechte, Roger N. Baldwin, in New York aufsuchte, nahm dieser lächelnd
das Telephon und verband sich mit Warburg, der seiner radikalen Bewegung
offenbar ebenso nahestand, wie er ihm selber befreundet war. „Hallo,
Shimmy“, rief er in den Draht, als sich der Angerufene am andern Ende
hörbar gemacht hatte, „ich habe diesen Schweizer neben mir, der sich um
die Geschichte des Buches bekümmert. . ..“ Aber er hatte kaum den Satz
beendet, als ihm ein wütender Ruf das Wort verschlug: „Zum Teufel mit
diesem Schweizer ich will nichts mit ihm zu tun haben!“ Die Verlegenheit
überwindend, welche das Dabeisein des Betroffenen erzeugen mußte, fügte er
seinen späteren Erklärungen lächelnd die Frage hinzu. „Warum kümmern Sie
sich denn um derlei Sachen, ist es denn verwunderlich und haben nicht alle
Diktatoren Geld von uns erhalten, Lenin ebenso wie Hitler?“

 

Gewiß! Die Diktatoren haben
alle Geld von Wallstreet erhalten. Warum auch nicht! Das Thema ist von Fjedor
Dostojewsky abgewickelt worden und es begann damit, daß ein Student namens
Raskolnikow eine Alte erschlug und mit Ihr die Tochter Lisaweta, um zu Geld zu kommen.
Eine Laus erdrücken, um ein Napoleon zu werden. Wie sollten die Diktatoren der
Welt, große und kleine, nicht auch zu Geld kommen, mit dem Schicksal gemacht
wird. Schuld und Sühne heißt das Problem und die Geschichte ist es selbst, die
Gericht darüber hält.

 

Dem Vorwort des Uebersetzers
der Warburgdokumente seien einige der einführenden Sätze entnommen.

 

„Sidney Warburg hat wenig
gesagt, solange die andern Gäste noch anwesend waren. Jetzt, als er mit mir
allein war, begann er über den Sinclair‑Skandal zu sprechen.“

 

 ‑ „Es gibt Augenblicke, da möchte ich aus einer Welt
der Intrigen, Börsenmanöver, Ränke und Schwindeleien davonlaufen. Mit meinem
Vater spreche ich dann und wann über diese Dinge, auch mit andern Bankiers und
Maklern. Und weißt Du, was ich nie begreifen kann? Wie es möglich ist, daß die
Menschen, die von Charakter gut und ehrlich sind ‑ wofür ich zahllose
Beweise habe – sich für Schwindeleien hergeben und bei Betrügereien mitmachen,
von denen sie doch wissen können, daß Tausende davon betroffen werden. Die
Machenschaften im Sinclair‑Trust haben Wallstreet Millionen Dollars
eingebracht, aber Tausende von Sparern ruiniert. Man bekommt nie Antwort, wenn
man nach den Gründen der unehrlichen und sittlich nicht zu verteidigenden Handlungen
der führenden Köpfe der finanziellen Kreise fragt. Es kann doch nicht sein, daß
sie, die in ihrem privaten Leben anständig und gut sind, ihren eigenen
Charakter ablegen, sobald sie die finanzielle Welt betreten und für Geld, und
seien es auch manchmal Millionen Dollars, alle Begriffe von Ehrlichkeit und
Moral beiseitezuschieben.“

 

An das Ende seines Berichtes,
der das verschollene Buch von 99 Seiten füllt, setzt der Autor die vielsagenden
Worte:

 

Arme Welt, arme Menschheit!