Vom Mythos der Schwarzen Sonne

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Beschreibung

Manuskript aus der Schriftenreihe „Das andere Kreuz“ – Schriften für esoterische Forschung, OSTARA, Wien
von Rudolf J. Mund
Faksimile, ca. 50 Seiten, geheftet, DIN A5

myway schreibt dazu:

Anmerkungen Frau Gabriele Winckler-Dechends zu Karl Maria Wiligut, Otto Rahn und der Schwarzen Sonne:

Frau Winckler, Sie haben Oberst Wiligut noch persönlich gekannt. Über welchen Zeitraum waren Sie im Stab des Reichsführers-SS Mitarbeiterin dieser umstrittenen Persönlichkeit?

GW: Oberst Wiligut war schon vor 1933 mit meiner Mutter befreundet, die sich sehr für dessen Traditionen interessierte, deshalb auch des öfteren zu ihm nach Morzg fuhr, wo Wiliguts nach dem Ersten Weltkrieg ein kleines Häuschen mit Garten besaßen, den er selbst anbaute, um seine Familie durchzubringen. Als der Oberst durch seine Beziehungen zu Schönerer und Lueger in Österreich Verfolgungen ausgesetzt war – das muß 1933 gewesen sein -, bot meine Mutter ihm an, zu uns nach Konstanz zu kommen, um sicher zu sein. Kurz darauf schrieb Wiligut, daß er auf einer Tagung der Nordischen Gesellschaft in Detmold Himmler kennenlernte, der sich außerordentlich für seine Tradition interessiert und ihm angeboten habe, zu ihm nach München zu kommen, wo in einem kleinen Büro Major Suchsland und Herr Feichtenbeiner wohl an ähnlichen Problemen arbeiteten. Bald danach besuchte uns der Oberst mit seinem ersten Adjutanten, Max Rieger. Wir machten zusammen kleinere, für mich höchst interessante Exkursionen. Unterwegs fragte Wiligut mich, – er hatte wohl mein großes Interesse bemerkt – ob ich nicht als seine Vizetochter zu ihm kommen wolle, da seine Töchter – die eine verheiratet, die andere im Studium – unabkömmlich waren. Er müsse allerdings erst Himmler um Erlaubnis fragen. Natürlich stimmte ich begeistert zu, und es traf nach seiner Rückkehr nach München auch sehr bald ein Telegramm ein, daß ich kommen solle. Ich zog zu ihm nach Bogenhausen, von wo wir als erstes zum Parteitag fuhren – meine Schwester und seine jüngere Tochter durften mit; ein unvergeßliches, großes Erlebnis für uns alle. Anfang November wurden wir an das Rasse- und Siedlungsamt nach Berlin als eigene Abteilung versetzt.

Welches Charakterbild gewannen Sie von Wiligut?

Damals war der Oberst für mich unbestritten eine ganz bedeutende Persönlichkeit, was er oft bewiesen hat – doch davon später. Der Oberst veränderte sich – zu unser aller Leidwesen – erst ganz allmählich. Meine Mutter vermutete, daß es ihm rein körperlich wohl nicht bekomme, daß ihm jeglicher Stein aus dem Weg geräumt wurde, damit er ungestört arbeiten könne, so daß das ungewohnte „Nichtstun“ wohl eine langsame Verkalkung bewirkte. Das mag zu seiner späteren, umstrittenen Lage beigetragen haben, und fiel uns, die wir ihn von früher kannten, natürlich auf. Schließlich hat man ihn sogar als Scharlatan angesehen. Das war aber erst nach meiner Zeit, obwohl sein eigenartiges Verhalten damals schon begann, was schließlich auch mein Ausscheiden bewirkte. Sobald ich das Haus abends verließ, fing er schon an zu trinken, weshalb Himmler mich immer wieder bat, zu bleiben, obwohl ich durch die gegen mich einsetzenden Intrigen (wohl bewirkt durch meine Sonderstellung) öfter gebeten hatte, mich zu entlassen. 1936 – im Mai oder Juni, soviel ich mich erinnere – kehrte ich dann mit Himmlers ausdrücklicher Bewilligung nach Hause zurück. Bis zu meiner Heirat habe ich dort, zusammen mit meiner Mutter, weiter für Himmler gearbeitet; meine Mutter später auch unter Professor Wüst für das „Ahnenerbe“.

Mitunter wird Wiligut – neben einer besonderen Befähigung auf parapsychologischem Gebiet – auch nachgesagt, einen eigenständiger, besonders aufschlußreichen Runenschlüssel besessen zu haben?

Wiligut soll parapsychologische Fähigkeiten gehabt haben? Davon weiß ich nichts, habe auch nie etwas davon gemerkt. Was ich vom Runenschlüssel des Oberst weiß, habe ich – unter meinem Mädchennamen: Gabriele Dechend – in HAGAL (#4/1935) veröffentlicht. Mit diesem Runenschlüssel gelang uns die Lösung mancher sonst unverständlichen Runeninschrift. Ich erinnere mich noch, daß wir in der Zeitschrift des Johannes v. Leers (NORDISCHE WELT/Leipzig, etwa 1935) eine Urneninschrift nur mit den gewöhnlichen Futhark-Schriftzeichen übersetzt fanden, von Krause vermutlich, die völlig unsinnig war, aber eine tiefe Bedeutung erhielt, nachdem ich sie mit den Runensymbolen des Oberst übersetzte. Ich schrieb dies an Leers, der mich, sehr überrascht, sofort in Berlin aufsuchte und mich als Mitarbeiterin zu gewinnen suchte, was ich aber ablehnte, da das Wissen ja nicht von mir stammte. Über die Runen habe ich auch einige Male in der Zeitschrift NORDLAND (Magdeburg) geschrieben…

Der angesprochene HAGAL-Artikel aus Ihrer Feder beeindruckt durch die klare Veranschaulichung des symbolischen „Gekreuzigtseins in die Materie“ (MAN und THORN unter dem Got-Auge!). In exoterischen Vorstellungen vom Wuotanismus neigt man ja mitunter dazu, diesen Zusammenhang übersehen zu wollen. Hier drängt sich die Frage auf, ob Wiligut Kenntnis von den Arbeiten Guido von Lists besaß. Kirchhoff soll zum Beispiel behauptet haben, der Oberst habe List gar nicht gekannt. War Wiligut mit dem List’schen Religionssystem als solchem bereits vertraut, als er – nach Mund – 1937 von Himmler mit „Wuotanismus“-Forschung beauftragt wurde? Können Sie etwas zur Klärung der Frage beitragen, von wem das Runenmuster für den Totenkopfring entworfen wurde?

Wiligut hat in meinem Beisein nie von einem List’schen Religionssystem gesprochen. Davon höre ich zum ersten Mal. Auch von einem Auftrag Himmlers an Wiligut, den Wuotanismus zu erforschen, war mir nichts bekannt. Das soll aber 1937 gewesen sein, als ich schon nicht mehr in Berlin war. Daß Wiligut das Runenmuster für den SS-Totenkopfring entworfen habe, hörte ich erst vor kurzem, halte es aber für möglich.

Die uns zugänglichen Jahrgänge 1934 und 1935 von HAGAL enthalten einige Wiligut-Arbeiten, die von einem redaktionellen Kommentar eingeleitet wurden, der zwei uralte, miteinender seit Urtagen verfeindete Sippen von Wissensträgern erwähnt. Die Wiliguts (Irminen) und die Lauterer (Wuotanisten). Nach Angaben Günther Kirchhoffs soll Wiligut Ernst Lauterer als „englischen Agenten“ angeschwärzt und damit ins KZ gebracht haben. Wissen Sie etwas darüber? Lauterer wurde von Mund auch mit dem Verschwinden des List-Manuskripts „Armanismus und Kabbala“ in Verbindung gebracht, ferner mit einem angeblichen Interesse des Secret Service für jenen Gotenstock Wiliguts, der u.a. bei Trauungen zum Einsatz gekommen sein soll. Können Sie diesen Stock näher beschreiben? Wissen Sie etwas über dessen Herkunft oder Verbleib?

Zu diesen Fragen kann ich nicht viel sagen. Von einem Kampf zwischen Wuotanisten und Irminen habe ich nie gehört. Auch scheint es mir unsinnig, daß der Oberst als „Irmine“ die Wuotanisten bekämpft und Ernst Lauterer an Himmler verraten hätte, um ihn ins KZ zu bringen, weil dieser Armane war. Wir haben von Wiligut über die Armanen nur erfahren, daß sie einem ganz besonders edlen Stamm angehört und ihre wichtigen Aufgaben gehabt hätten… Was den – vom Großvater über den Vater vererbten – Gotenstock des Oberst angeht: Er war sehr schön gearbeitet, wahrscheinlich – der Farbe nach – von edlem Holz; der goldene Knauf stellte, wenn ich mich recht entsinne, einen Kopf dar. Wiligut benutzte ihn aber nicht als Stütze beim Gehen, sondern trug ihn nur immer bei sich, wobei auffiel, daß er ihn manchmal in für mich sehr geheimnisvoller Weise benutzte, zum Beispiel bei unserem ersten Besuch in Goslar, einer für ihn besonders bedeutungsvollen Stadt, wo er im Vorbeigehen dreimal an den Brunnen klopfte, wohl im Glauben, daß ich es nicht bemerkt hätte – denn er sagte nichts, und ich fragte aus Scheu auch nicht danach. Daß der Oberst aber vieles wußte, was uns allen verborgen war, hat er gerade bei diesem Besuch in Goslar auf recht überraschende Weise bewiesen. Das war ein recht eigenartiges Erlebnis…

Erzählen Sie ruhig, wenn Sie darüber reden möchten…

Der Oberst hatte uns schon früher erzählt, daß die Klus bei Goslar eine große Bedeutung gehabt hätte für die „Zigeuner“, deren „heimlicher König“ er selbst gewesen sein soll, wie vor ihm andere ungarische Magnaten. Er erzählte uns von deren neun „Geboten“, die aber uralte Symbole seien und nichts mit den „10 Geboten“ der Bibell zu tun hätten. Die einzelnen Bedeutungen dieser „Gebote“ weiß ich nicht mehr. Ich weiß nur, daß wir alle, die wir mit ihm zur Klus gingen: Frau Darré, Frau v. Rheden, Annemarie Köppen und ich (ob Frau v. Kanne dabei war, weiß ich nicht mehr), recht zweifelten an dem Gehörten. Als wir dann auf der Klus waren, zeigte die junge Führerin uns aber Leuchter, auf denen untereinander neun römische Ziffern standen und sagte dazu, diese symbolisierten die Gebote der „Zigeuner“, die zu Hochzeiten, Taufen oder dergleichen immer auf die Klus kämen…

Abends trafen wir uns und Herr v. Kanne erzählte, daß seine Familie einem alten Femgeschlecht entspringe – sie hatten auch die alte Femrose im Wappen. Worauf der Oberst meinte, dann müßten sie auch einen Schlangenring in der Familie haben, wovon jedoch nichts bekannt war. Am nächsten Tag fuhren der Oberst und ich mit unserem Adjutanten nach Berlin zurück. Ein paar Tage später kam Frau v. Kanne nach Berlin und zeigte mir – noch ganz erregt – in einer Streichholzschachtel den – Schlangenring. Sie wollte ihn dem Oberst zeigen und erzählte mir, daß die Herren am Abend nach dem erwähnten Gespräch alle am Kamin bei Kannes zusammensaßen und von dem Schlangenring sprachen. Darré hätte immer wieder darauf gedrängt, in dem Schrank, in dem die Familienerbstücke und eine Chronik der Kannes aufbewahrt wurden, nachzusehen, ob nicht doch so ein Ring vorhanden war, während Kanne jedesmal erwidert hätte, das sei ausgeschlossen, er kenne jedes Stück. Auf Darrés Drängen hat er schließlich eine Schatulle mit altem Schmuck herausgeholt, um es zu beweisen. Dabei sei er an einen kleinen, unbekannten Knopf gestoßen, worauf eine versteckte kleine Schublade aufsprang, in welcher dieser Schlangenring lag! Daß uns dergleichen überzeugte, war wohl kein Wunder.

Wiligut soll die These vom germanischen Ursprung des christlichen Kreuzigungsmythos vertreten haben…

Von Baldur-Krestos und Swanhild-Maria (seiner Schwester – nicht etwa seiner Mutter!) hat uns der Oberst erzählt, daß dieser dreimal in seinem Leben gekreuzigt worden sei – das erste Mal schon als junger Mann. Seine Schwester habe ihn jedesmal – d.h. die beiden ersten Male, als er nur mit Stricken gebunden wurde, befreit und sei mit ihm geflohen. Erst beim dritten Mal, als sie ihn dann angenagelt hätten, sei das nicht mehr möglich gewesen. — Und dann waren wir bei der ersten kleinen „Exkursion“ mit meiner Mutter im Hödinger Tobel am Bodensee! Dort entdeckten wir eine Kreuzigungsgruppe hinter einem Gitter, wo die „Schächer“ und Christus in drei verschiedenen Mannesaltern dargestellt waren. In den ersten beiden Szenen schien Christus gebunden – in der dritten genagelt. Das war für den Oberst eine tolle Überraschung. Für uns auch – ein Grund mehr, warum ich damals sofort auf sein Angebot, zu ihm zu kommen, einging.

Im Begriff „Hödinger Tobel“ scheint der Name „Hödur“ anzuklingen. In der Edda wird beschrieben, wie der listige Loki den ahnungslosen, blinden Hödur zur Tötung Baldurs verleitet…

Auf diesen Gedanken bin ich noch gar nicht gekommen. Es wäre aber durchaus möglich, da der Hödinger Tobel direkt hinter den nach dem Kriege leider wegen der Autostraße zerstörten Heidenhöhlen liegt. In der Nähe liegt auch die älteste Kapelle aus dem 9. Jahrhundert, an deren Decke die Weltenesche gemalt ist, mit den vier Strömen, an denen die Hirsche trinken. An der Decke ist auch ein „Gottesauge“, mit einem Spiegel versehen, durch den man die ganze Kirche übersehen kann (schräg über dem Altar). Wie weit das alles heute noch vorhanden ist, weiß ich nicht…

Die Bodenornamentik im Gruppenführersaal der Wewelsburg wird mitunter als Symbol einer zwölfstrahligen „Schwarzen Sonne“ (auch „Sandär“ oder „Santur“) gedeutet. Mit dem Mythos der „Schwarzen Sonne“, die – längst erkaltet – neben der aktiven Sonne SOL und der passiven/unsichtbaren Sonne SUN existiere, sollen noch die Skalden des Mittelalters vertraut gewesen sein. Wiligut scheint entsprechende Informationen an Emil Rüdiger weitergegeben zu haben. Können Sie dazu etwas sagen? Könnte Himmler sich mit derlei Fragen beschäftigt haben? Ist es möglich, daß die Bodenornamentik der Wewelsburg in diesem Sinne zu verstehen ist?

Ein konkreter Zusammenhang der „Schwarzen Sonne“ mit der Ornamentik des Gruppenführersaales erscheint mir ziemlich unwahrscheinlich. Ich habe bis vor kurzem nie etwas von einer „Schwarzen Sonne“ gehört, halte diese Theorie für ziemlich eigenartig, um nicht zu sagen „nebulös“. Wenn die Anregung dazu vom Oberst stammen sollte, würde ich eher sagen, daß die „12“ mit den Tierkreiszeichen und auch anderen Bedeutungen dieser „heiligen“ Zahl korrespondiert; man denke nur an den alten Nachtwächtersang, z.B. „Zwölf der Jünger blieben treu…“, oder an ägyptische Zahlenmythologie, mit der sich Emma Schiller (damals noch Emma Delbrück), die mit meiner Mutter und dem Oberst befreundet war, lange beschäftigte. Dazu eine Begebenheit, die in diesem Zusammenhang direkt Bedeutung bekommt: Wir machten damals mit dem Oberst eine Wanderung auf den Hohentwiel, für den sich der Oberst sehr interessierte, weil es dort eine Reihe vorgeschichtlicher Fundstellen gab. Auf dem Aufstiegsweg fand ich einen auffallenden, halbkreisförmigen Stein, etwa 12 cm breit, 9 cm hoch und 2cm dick. Da dieser offensichtlich Zeichen trug, wies mich der Oberst an, ihn mitzunehmen. Zu Hause habe ich den Stein gereinigt und mit Vaseline „eingefettet“ – und da kamen ganz deutlich, gleichmäßig über das Halbrund verteilt, zwölf kleine Kreise hervor, die der Oberst ganz fasziniert als Tierkreiszeichen deutete. Er bat mich, ihm den Stein zu schenken – was ich natürlich tat, auch wenn es mir später leid tat, ihn nicht mehr zu besitzen.

Wie erklären Sie sich Hermann Wirths hartes, ja vernichtendes Urteil über Wiligut? Wirth behauptet u.a., der Oberst hätte nur Guido v. List ausgeschlachtet; an Mund schrieb er: „Lassen Sie den notorischen Schwindler und Hochstapler verschollen und vergessen sein…“…

Wirths erstaunliches Urteil über Wiligut hat mich verblüfft! Selbst wenn er später zu einem solchen Urteil gekommen sein sollte, ist mir das nicht klar. Nach dem Kriege hat er in Marburg, wo wir damals lebten, eine Ausstellung gemacht, die ich natürlich sehen wollte. Ich habe ihn auf unsere alte Bekanntschaft in Berlin bei Wiligut angesprochen, was er zwar etwas zurückhaltend, aber beileibe nicht abweisend aufnahm. Ich sprach ihn auch an auf die wohl nachgemachten „Jul-Leuchter“, die er ausstellte und von Himmler ja immerhin als Nachbildungen eines ausgegrabenen Leuchters – ich glaube aus Haithabu – verschenkt worden waren. Übrigens haben wir Wirth zwar ob seines ungeheuren Fleißes bewundert, ihn aber nie ganz ernst genommen…

NACHBEMERKUNG:

Nach den Recherchen Hans-Jürgen Langes, dessen Wiligut-Buch im Herbst beim Arun Verlag erscheinen soll, scheint festzustehen, daß Wiligut – aus naheliegenden Gründen – versucht hat, seine Biographie zu verschleiern. Offenbar hat er sich Himmler und der SS gegenüber wiederholt in gewisse Mystifikationen geflüchtet. Dafür etwa, daß Wiligut Vortänzer am österreichischen Kaiserhof gewesen und dadurch mit den Erzherzögen vertraut gewesen sei, gebe es, so Lange, keinerlei Anhaltspunkte. Gleiches gilt für Wiliguts Behauptung, seine Frau sei die Tochter des letzten Dogen von Venedig gewesen. Der Hinweis der erklärten NS-Gegnerin Frau Schaefer-Gerdau, Wiligut habe bereits vor dem Ersten Weltkrieg in einem esoterischen Zirkel um die Baronin Thaler (Wien, Westbahnstraße 25) verkehrt, den u.a. auch Lanz-Liebenfels, Peryt Shou, Franz Spunda und angeblich sogar Adolf Hitler frequentierten, scheint dagegen nicht ganz abwegig; zumindest scheint eine Mitteilung Frau Baltruschs – in deren Familiengruft Wiligut die letzte Ruhe fand – an Rudolf Mund dies zu bestätigen. Interessant ist in diesem Zusammenhang auch folgende, zufällig gemachte Entdeckung beim Durchblättern von Glahns Astrologischem Volkskalender 1929 (Uranus Verlag, Memmingen 1928), der einen recht eigentümlichen Beitrag zur Lehre der sog. „Willenskristalle“ aus der Feder einer Maria Thaller enthält, deren Anschrift mit „Wien, Westbahnstraße 27“ angegeben ist – und der sowohl inhaltlich als auch durch die Illustrationen stark an das entsprechende Kapitel aus Munds unveröffentlichtem Manuskript Fragmente einer verschollenen Religion aus der Wiligut’schen Überlieferung erinnert. Ähnliches kann man in Ansätzen auch bei Peryt Shou finden, so daß ein gewisser Zusammenhang durchaus als gegeben angenommen werden könnte…

Frau Winckler, im Rahmen Ihrer Tätigkeit für Oberst Wiligut im Stab des Reichsführers-SS hatten Sie auch Gelegenheit, Otto Rahn kennenzulernen. Wie ist der Kontakt zustande gekommen?

GW: Als ich Rahns Grals-Buch gelesen hatte, war ich restlos fasziniert, und habe es sofort dem Oberst gegeben, der es an Himmler weiterreichte. Himmler war so interessiert, daß er mich beauftragte, nach Rahn und seinem Ergehen zu forschen. So erfuhr ich, daß es ihm sehr schlecht ging, daß er von Frankreich Einreiseverbot, und sein Verlag ihn entlassen hatte. Das meldete ich Himmler, der ihn unverzüglich nach Berlin berief. Als Otto Rahn darauf zu uns nach Berlin kam, war ich – zu meinem Glück – allein im Hause, so daß wir uns stundenlang über seine Forschungen unterhalten konnten. Das war der Beginn unserer sehr engen Freundschaft. Rahn wurde dann in den Stab des Reichsführers berufen, hatte aber seine eigenen Aufgaben und Aufträge von Himmler. Er war fast jeden Abend bei uns in der Grunewalder Villa zu lebhaftesten Gesprächen, da auch der Oberst sich für dessen Grals- und Catharerforschungen sehr interessierte. Uniform trug Rahn damals nicht.

Hat sich Wiligut je über Rahns Gralsforschung geäußert?Rahn soll gesagt haben, er würde sein Buch „ganz anders“ geschrieben haben, hätte er den Oberst vor Abfassung des „Kreuzzugs“ kennengelernt…

GW: Ich glaube schon, daß Otto Rahn das Buch etwas anders geschrieben hätte, wenn er den Oberst früher gekannt hätte. Einfach deshalb, weil ihm durch die Gespräche manches wohl erst richtig aufgegangen ist, was er – schließlich war er damals kaum 26 Jahre alt – nur durch seine Forschung zu ahnen glaubte. Als ich in meinem letzten Berliner Halbjahr im Stabsamt von Darré mitarbeitete, lag Rahns Wohnung direkt daneben, so daß wir mittags oft bei ihm kochten und zusammen dikutierten über das, was er nachts für sein zweites Buch aufgeschrieben hatte. Ursprünglich sollte es ein Buch über den verhaßten Erzbischof von Marburg, den Beichtvater der Landgräfin Elisabeth werden – dabei kam aber schließlich „Luzifers Hofgesind“ heraus. Im Juli 1937 habe ich geheiratet und bin nach München gezogen, wo uns Otto Rahn – es muß in der Adventszeit gewesen sein – besuchte, da er in Dachau seine militärische Übung machen mußte. Darüber war er zwar nicht gerade entzückt, hat aber nichts von Verbrechen dort erzählt. Wir sahen ihn damals zum ersten Mal in Uniform, was uns sehr belustigte, weil sie zu ihm eigentlich überhaupt nicht paßte; er war so gar kein „Uniformmensch“.

Um Rahns unerwarteten Freitod ranken sich viele Legenden…

GW: Ob stimmt, was ihm heute untergeschoben wird, zum Beispiel, daß er sich mit Himmler überworfen habe, nachdem er die Zustände im KZ und in einem „Lebensborn“-Heim erlebt hätte, weiß ich nicht. 1938 hat Rahn noch mit Freuden die Patenschaft über unseren neugeborenen Sohn übernommen. Dann hörten wir nichts mehr von ihm, bis die eigenartige Todesanzeige kam, die uns so seltsam unpersönlich vorkam, daß wir einen im Stab tätigen Freund um Aufklärung baten. Dieser schrieb uns, daß Rahn zweimal als „Homosexueller“ aufgefallen sei, daß Himmler ihn jedesmal dringend verwarnt hätte (aber nichts weiter), bis er dann ein drittes Mal „erwischt“ worden sei – offenbar wurde er bespitzelt, wohl von einem Neider. Darauf hätte Himmler ihm – anscheinend schweren Herzens – befohlen, selbst die Konsequenz zu ziehen, um seine und die Ehre der SS zu retten. Was Rahn mit seinem Freitod ja auch getan hat – Himmler hat das öffentlich anerkannt -, weshalb Rahn auch weiter als SS-Angehöriger geführt wurde. Die Tatsache, daß er sich das Consulamentum der Catharer geben ließ, wie berichtet wird, erscheint mir im Zusammenhang mit seinem Freitod übrigens kein Widerspruch; für Rahn dürfte beides in logischem Zusammenhang gestanden haben…

Gewissen Gerüchten zufolge soll Rahn 1939 Wiligut und Himmler zu seiner Hochzeitsfeier eingeladen haben. Wissen Sie etwas darüber?

GW: Daß Himmler unter den geschilderten Umständen glücklich gewesen wäre, von Rahn eine Verlobungsanzeige zu bekommen, kann ich mir denken; er hat ihm wohl auch jegliche Hilfe zugesagt. Daß wirklich eine Hochzeit geplant gewesen, und Himmler – oder gar Wiligut – eingeladen worden sei, kann ich mir aber nicht vorstellen.

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