Terrorlisten – Die Schwarzen Löcher des Völkerrechts

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Beschreibung

ISBN 978-3-85371-323-5, br., 224 S., 16,90 Euro, 28,50 sFr.

Der Schweizer Journalist Victor Kocher geht den Auswüchsen einer
Kontrollgesellschaft nach, die unter dem Deckmantel des
Anti-Terrorkampfes unschuldigen Menschen ihre Bürgerrechte entzieht.
Wessen Name einmal auf eine sogenannte Terrorliste gesetzt wird, der
verliert mit einem Schlag seine persönliche Freiheit.

Zuerst führte die UNO diesen fragwürdigen Mechanismus zur
Verhinderung potenzieller Terroranschläge ein. Unter Umgehung jeder
gerichtlichen Prozedur hielt sie die Behörden aller Länder dazu an,
vorbeugend gegen Menschen und Gruppierungen vorzugehen, die als mögliche
Täter in Frage kämen, noch bevor diese irgendein Delikt begangen
hatten. Ein Ausschuss des UNO-Sicherheitsrats setzte die Verdächtigen
auf eine Terrorliste, ohne auch nur eine Begründung dafür angeben zu
müssen.  Gegen Sanktionen dieser Art kann sich niemand zur Wehr setzen.

Praktisch kann in der neuen Ära nach „nine-eleven“ ein x-beliebiger
amerikanischer Geheimdienstoffizier mit einem Federstrich jeden
Mitgliedstaat der UNO dazu zwingen, eine verdächtige Person mit einem
weitreichenden Bann zu belegen. Wer auf die Terrorlisten des
UNO-Sicherheitsrats kommt, dem werden sämtliche Guthaben eingefroren, er
hat keinen Zugang mehr zu Bankkonto oder Kreditkarte, niemand darf ihm
mehr einen Lohn oder eine Rente auszahlen, und er kann keine
Landesgrenze mehr überschreiten. Ausgerechnet der UNO-Sicherheitsrat,
der Hüter des Weltfriedens und der Menschenrechte, ist Urheber dieser
weit reichenden Sanktionen. Die Europäische Union und andere westliche
Staaten, und erst recht autoritäre Regime in vielen Teilen der Welt,
nutzten und nutzen bereitwillig dieses drastische Mittel zur
Einschränkung der Bürger- und Freiheitsrechte.
Es dauerte fünf
Jahre, bis die UNO Ende 2006 überhaupt eine Stelle eingerichtet hatte,
bei der betroffene Personen gegen die Sanktionen Einspruch erheben
konnten. Erst weitere Jahre danach wurden die ersten Namen von der
Schwarzen Liste gestrichen.

Die wesentlichen Fragen im Kampf gegen den Terrorismus werden von
offizieller Seite indes weiter außer Acht gelassen: Wie konnte es dazu
kommen, dass die westlichen Staaten mit einem Schlag ihre Grundwerte
aufgegeben haben, auf die sie seit Jahrhunderten so stolz sind? Muss die
Verfolgung von Terroristen unvermeidlich auf Kosten jener
Errungenschaften gehen, die doch die Bürgerrechte des Einzelnen
begründen und damit die Gesellschaft schützen sollten? Diesen Fragen
geht Victor Kocher in seiner Recherche nach, beschreibt die kolossalen
Übergriffe der Mächtigen gegen die Grundfesten der Bürgergesellschaft
und illustriert seine Arbeit mit Fallbeispielen.

Der Autor:
Victor Kocher,
geboren 1952 in Baden/Schweiz, ist Mitarbeiter der „Neuen Zürcher
Zeitung“. Er widmete sich 25 Jahre lang zunächst als Redakteur, dann als
Korrespondent dem Nahen Osten und der islamischen Welt. Zurzeit
arbeitet er in Genf, um als diplomatischer Korrespondent die Welt der
internationalen Organisationen, der Welt-Gouvernanz und der islamischen
Staaten zu beobachten. Von ihm ist zuletzt erschienen: „Der neue Nahe
Osten. Die arabische Welt im Friedensprozess“ (1996).