Paradies, Sintflut, Eiszeit?

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Artikelnummer: antiquariSch DO29 Kategorie:

Beschreibung

A4, 28 Seiten, DO29
Armin Naudiet
Steinzeit
Die dramatische Geschichte einer unverstandenen Epoche
Einführender Überblick
Jeder kennt den Begriff „Steinzeit”. Es war nach geltender Lehrmeinung „jene Zeitstufe der Vorgeschichte, in der Metalle noch unbekannt waren.” [dtv-Lexikon]. Den meisten Menschen unserer Zeit reicht diese Auskunft. „Steinzeitlich” gilt allgemein als negativer Begriff. Er steht für „primitiv”, „roh” und „unwissend”. Das ist ein vernichtendes Urteil für eine Menschheitsepoche, über die wir im Grunde genommen nur sehr wenig wissen, obwohl es ungezählte Arbeiten über „die Steinzeit” gibt.
Nach herrschender Lehre wird die Steinzeit wohlgeordnet in drei große Perioden eingeteilt:
die Altsteinzeit/Paläolithikum,
die Mittelsteinzeit/Mesolithikum und
die Jungsteinzeit/Neolithikum.
Dazu gibt uns wiederum das Lexikon folgende Auskünfte:
„Altsteinzeit/Paläolithikum, die älteste und längste Epoche der Menschheitsgeschichte. Sie begann in Afrika vor etwa 2 Millionen Jahren in der Übergangsphase vom Tertiär zum Quartär (Villafranca-Stufe, Villafranchien) und dauerte bis zum Ende des Eiszeitalters (etwa -8000)”.
„Mittelsteinzeit, Mesolithikum, Übergangszeit von der Altsteinzeit zur Jungsteinzeit (etwa -8000 bis -5000). Sie setzt ein, wo die Steinwerkzeuge der Altsteinzeit zu kleineren Geräten (Mikrolithen) umgestaltet werden”.
„Jungsteinzeit, Neolithikum, die dritte Epoche der Menschheitsgeschichte, die auf Alt- und Mittelsteinzeit folgte und von den Metallzeiten (Bronze- und Eisenzeit) abgelöst wurde. Sie beginnt in Mitteleuropa im -6. Jahrtausend und endet um -1800”.
Wenn man recht genau hinsieht, so erkennt man sehr klar, dass die „Steinzeit” praktisch die gesamte Menschheitsgeschichte umfasst. Die wenigen tausend Jahre, die zwischen dem Ende der „Steinzeit” und unserer Gegenwart vergangen sind, kann man, daran gemessen, nur als einen „kurzen Augenblick” bezeichnen. Dennoch erscheint unserem Denken dieser „Augenblick” so bedeutsam, dass wir nur ihn allein als wirkliche „Geschichte” betrachten. Doch selbst diese reicht in der realen täglichen Erinnerung meist nur einige Jahrzehnte, also allenfalls ein Menschenleben zurück.
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Das moderne Leben ist so intensiv auf Gegenwart und Zukunft ausgerichtet, dass der Vergangenheit im Allgemeinen nur ein „museales” Interesse entgegengebracht wird. Dieser Rückblick in die Vergangenheit, den wir aus unserer heutigen technisch zivilisatorisch geprägten Welt nach hinten werfen, erhellt die Frühzeit nicht, sondern verdunkelt sie. Das gilt aber nicht nur für das breite Publikum, sondern streng genommen auch für die moderne Altertumsforschung. Diese bestürzende Aussage wird erst verständlich, wenn man sich näher mit den Begriffen „Zivilisation” und „Kultur” auseinander setzt. Was sagt hierzu das Lexikon?
„Zivilisation, im weiten Sinne die verfeinerte Lebensweise und Gesittung, im engen Sinn die durch Wissen und Technik überformten und perfektionierten materiellen und sozialen Gegebenheiten einer Gesellschaft, in Abhebung von einem ungeformten Naturzustand menschlichen Zusammenlebens.
Für den Lebensstil der Zivilisation sind Handel, Handwerk, Berufe mit höherer Vorbildung und Verwaltung als sekundäre und tertiäre Beschäftigungen (Dienstleistungen) charakteristisch.” [dtv-Lexikon, Hervorheb. d. d. Verf.]
„Kultur (lat. cultura, Bebauung, Ausbildung), Gesamtheit der typischen LeSchulwissenschaftliche
Tabelle der Erdgeschichte (aus: Frankfurter Neue Presse, 29.07.89)
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bensformen größerer Gruppen einschließlich der sie tragenden Geistesverfassung, besonders der Werteinstellungen. Kultur gilt im weitesten Sinne als Inbegriff für die im Unterschied zur Natur und durch deren Bearbeitung selbst geschaffene Welt des Menschen.
Die materielle Kulturkunde versteht unter Kultur die technischen Grundlagen des Daseins samt deren materiellen Produkten (Obdach, Kleidung, Werkzeug und Gerät); jedoch wird heute die materielle Kultur nicht wie früher zu einer »geistigen Kultur« in Gegensatz gestellt; auch die wertende Gegenüberstellung von (geistiger) Kultur und Zivilisation (i. S. techn.-materieller Ausrüstung) ist fragwürdig“. [dtv-Lex., Hervorheb. d. d. Verf.]
Diese grundsätzlichen Definitionen lassen erkennen, von welchen Kriterien die Betrachtung gesellschaftlicher Gruppen ausgeht. Es sind Kriterien, von denen wir hinsichtlich der Gruppen, Stämme und Völker der „Steinzeit” keinerlei effektive Kenntnisse besitzen. Schädel- und Knochenfragmente, steinerne Artefakte, figürliche Idole, Höhlen- und Felsmalereien usw. sind für sich selbst nicht aussagefähig. Sie bedürfen alle der Interpretation.
Doch wer will erklären und anhand welcher Merkmale, ob es überhaupt einen ungeformten Naturzustand menschlichen Zusammenlebens gab? Wer kann uns verbindlich sagen, welche tragende Geistesverfassung die Menschen der Alt- oder Jungsteinzeit hatten? Was weiß man über ihre Werteinstellungen?
Wer vermag darüber zu entscheiden, ob die Gruppen der Frühzeit die sie umgebende Natur nicht umgestalten, d. h. „kultivieren” konnten, oder es gar nicht für notwendig erachteten?
Als die moderne Wissenschaft entstand, war der „Fortschrittsgedanke” ein zentraler Leitgedanke. Das musste zwangsläufig dazu führen, dass man jeden Schritt in die Vergangenheit stets nur als Rückschritt sehen musste. Bis in unsere Gegenwart hinein wurden selbst alle Naturvölker noch als „Primitive” bezeichnet. Das war der Reflex, der sich aus der Definition des Begriffes Zivilisation ergab: „verfeinerte Lebensart und Gesinnung”. Ließ sich die aber allein an europäischen Mustern festmachen?
Die Naturvölker und auch die Völker der antiken Welt sahen noch stets bewundernd zu ihren Ahnen und Urahnen auf. Der Mensch des technisch-wissenschaftlichen Zeitalters sieht stattdessen mit etwas mitleidiger Arroganz auf sie herab. Diese Betrachtungsweise hat sich mit jedem wissenschaftlichen oder technischen Fortschritt bis heute ständig gesteigert. Es wurde völlig verdrängt und vergessen, dass die Menschen der Frühzeit die Fundamente geschaffen haben, die ihre Nachfolger überhaupt erst dazu befähigt haben, Zivilisation im heutigen Sinne zu entwickeln.
Vollkommen unterbewertet wurde der Einfluss, den die Natur im weitesten Sinne auf die kulturelle Entwicklung des Menschen genommen hat. Natur wurde und wird bis heute als statische, unveränderliche Größe betrachtet, die nur einfach da war und auf ihre „Beherrschung” und „Nutzung” durch den Menschen gewartet hat. Diese anthropozentrische Sichtweise hat zu den größten Missdeutungen vor- und frühgeschichtlicher Prozesse geführt.
Die „Natur” war eben nicht statisch und konstant, sondern hat sehr aktiv sowohl positiv als auch negativ in die Menschheitsgeschichte eingegriffen. Vom Anfang der Altsteinzeit bis in die so genannte „Eisenzeit” hinein ist die Geschichte der Menschen von kosmisch bedingten Globalkatastrophen und schweren Störungen begleitet worden. Sie haben die entscheidendsten Lebensbedingungen, Umwelt und Klima, erheblich beeinflusst, globale und regionale Naturkatastrophen ausgelöst, und die Stämme und Völker der Erde nicht nur extrem existenziell geschädigt, sondern auch zu immer wieder neuen „Anpassungen” genötigt. Diese Auffassungen sind nicht hypothetisch, sondern durch sehr viele erdgeschichtliche Zeugnisse hinreichend belegt. These ist dabei nur, dass diese Katastrophen nicht von erdeigenen Kräften ausgelöst worden sein können.
Vor diesem Hintergrund ist die Menschheitsentwicklung ein Produkt aus Überlebenswille und Angstbewältigung. Dabei spielte die Natur eine zentrale Rolle. Sie war lebensspendende Mutter und schreckliche Gottheit gleichermaßen. Es ist darum völlig einsichtig, dass die frühen Menschen ebenso wie die noch angetroffenen Naturvölker die Natur ihrer Lebensräume als lebendige, beseelte Einheit angesehen haben. Sie war – vom Sternenhimmel über Sonne, Mond, Blitz, Donner, Wind und Regen bis zur Pflanze und dem kleinsten Insekt – ein „heiliges Geheimnis”.
Die modernen Wissenschaften haben im Laufe der letzten Jahrhunderte viele Geheimnisse der Natur gelüftet, doch bei weitem noch nicht alle. Das haben die Frühmenschen und die Naturvölker nicht getan. Sie beließen der Natur ihr Geheimnis uneingeschränkt als göttlich. Doch ihre Beobachtungen der Natur und ihrer Erscheinungen waren keinesfalls geringer als heute. Lediglich das daraus resultierende Denken und Empfinden war „anders”. „Anders” kann und darf aber nicht als „schlechter” verstanden werden. Das Denken über die Natur war nicht „sezierend”, sondern „einfühlend”.
Lange schon wurde erkannt, dass man einen Zugang zur weit zurückliegenden „Steinzeit” zumindest im Ansatz am besten über die Ethnografie und Ethnologie, also über die Naturvölker, finden konnte. Doch stets verblieb eine große Unsicherheit, weil selbst die letzten angetroffenen Naturvölker unendlich lange Jahrtausende von der Alt-, Mittel- oder Jungsteinzeit entfernt gewesen sein sollen. Andererseits war es merkwürdig, dass bei vielen Naturvölkern ein Werkzeug- und Gerätebestand angetroffen wurde, der sich von den gefundenen „steinzeitlichen” Artefakten, die 10, 20 oder 30.000 Jahre älter sein sollten, praktisch nicht unterschied. Eine solche Konstanz war im Grunde unmöglich. Doch da sich die angeblich recht zuverlässigen geologischen Zeitmarken seit Hutton und Lyell eingebürgert hatten und Darwin die Entwicklung in winzigsten Schritten auch für den Menschen annahm, blieb die Kluft unüberbrückbar.
Das lyellistisch-darwinistische Zeitgerüst wurde zu einem „Käfig”, aus dem es kein Entrinnen gab. Ein ebenso fragwürdiges Ordnungsprinzip war die Festlegung des „Steinzeitbegriffes” und seiner Unterstufen. Ganz ohne Zweifel war es zu Beginn der Archäologie als Wissenschaft zunächst sehr nützlich.
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Homo erectus, wie man ihn sich vorstellt.
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Aber es schuf künstlich Einheit, wo in Wahrheit Vielfalt bestand.
In den „Steinzeiten” gab es unzählige Kulturgruppen auf unserer Erde. Deren regionale Entwicklung war sehr weitgehend von den jeweiligen Lebensräumen geprägt. Dazu kommt, dass die „steinernen” Artefakte lediglich aufgrund ihrer Dauerhaftigkeit erhalten blieben.
Sinnvoller und zutreffender wäre für diese Menschheitsepochen der Begriff „Zeit der naturgegebenen Werkstoffe”. Denn Holz, Rinden, Pflanzenfasern, Knochen, Häute, Felle usw. waren weit mehr die Werkstoffe der „Steinzeiten” als der Stein. Er dominierte nur dort, wo Härte beim Schlagen oder Schneiden gefragt war.
Nicht einmal als echte Begrenzung ist der „Steinzeitbegriff” tauglich. Denn auch in den Erdräumen, die in die „Metallzeiten” mit Kupfer und Bronze eintraten, blieben wegen der aufwendigen Verhüttung und Bearbeitung Waffen und Geräte aus Metallen eine Rarität. Zweifelsohne benutzte der Großteil aller Bevölkerungen auch in jenen Zeiten noch „steinerne” Waffen und Werkzeuge, sofern hölzernes Gerät nicht ausreichte.
Hinzu kommt, dass eine weitere Differenzierung innerhalb der Erdräume nötig ist. Denn manche Stämme lebten noch in der „Steinzeit”, als moderne Forscher sie entdeckten! Der Begriff der „Steinzeit” und seine zeitlichen Begrenzungen schaffen also problematische Vereinfachungen.
Die heute gültigen Lehrmeinungen zur Steinzeit basieren also auf einem sehr einseitigen Blickwinkel, einem rein theoretischen Zeitschema, einem sehr fragwürdigen Ordnungsprinzip und auf einem völlig unzutreffenden naturgeschichtlichen Hintergrund. Letzteres wiegt am schwersten. Denn da die Altertumsforschung mehr als einhundertfünfzig Jahre kosmisch bedingte Globalkatastrophen innerhalb der menschlichen Entwicklungsgeschichte nicht einmal arbeitshypothetisch in Erwägung gezogen hat, sind Naturhintergrund und Zeitschema effektiv unbrauchbar.
Wir müssen also bei der Analyse der „Steinzeit” von völlig anderen Voraussetzungen in der natürlichen Umwelt ausgehen als heute. Das gilt sowohl für die Naturereignisse selbst, als auch für deren Einfluss auf die frühe Menschheit. Dabei muss zunächst einmal die Zeitstufe der Prähominiden abgekoppelt werden. Bestimmt haben aber auch bereits diese Vormenschen mit grobem Steingerät („pebbletools“) gearbeitet. Dass wir diesen Vorläufern unserer Art mehr zu verdanken haben, als man sich vorstellt, bedarf eigentlich keiner besonderen Betonung. Folgt man den Zeitangaben der geltenden Lehre, so hat die so genannte Prähominidenzeit rund 1,3 Millionen Jahre gedauert. Dieser Zeitansatz ist bestimmt ebenso überdehnt wie die Zeit des echten Menschen. 10 % davon dürften mehr als ausreichend sein. Denn auch 130.000 Jahre machen es möglich, körperliche Merkmale durchaus zu verändern.
Der erste aufrecht gehende Mensch, Homo erectus, soll die Erde vor etwa 700.000 Jahren betreten haben. Mehr als eine halbe Million Jahre hat er angeblich auf einer sehr primitiven Stufe gelebt, ohne sich irgendwie zu verändern. Und das, obwohl er – im Gegensatz zu allen Tieren – bereits das Feuer zu nutzen verstand. Sein Dasein macht den
Linienbandkeramische Fundgegenstände aus der Gegend von Waldbüttelbrunn. Es handelt sich um ein Keramikfragment (4) und Wandscherben mit Ritz- und Stichzier (5-12) (Arbeitskreis Archäologie/Paläontologie Waldbüttelbrunn [Hrsg.]: „Steinzeit in Waldbüttelbrunn, Fundbericht Band 1, Jahrgang 08.1988/05.1991“. Waldbüttelbrunn 1991).
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größten Teil der „Steinzeit” aus. Diese Angaben finden sich zwar in jedem Lehrbuch, aber damit sind sie noch keinesfalls richtig. Haben wir die lyellistisch-darwinistischen Zeitangaben bereits bei den Prähominiden um 90 % gekürzt, so dürfen wir die rund 600.000 Jahre des ersten echten Menschen bedenkenlos um 95 % reduzieren: also statt 600.000 Jahre nur allenfalls 30.000 Jahre übrig lassen.
Das Gleiche gilt für die Zeit des Neandertalers, des Nachfahren des Homo erectus. Seine angeblich rund 100.000 Jahre schrumpfen dann auf vielleicht noch 5.000 Jahre zusammen. Doch all dies ist vermutlich immer noch zu viel.
Der Jetztmensch Homo sapiens sapiens soll vor etwa 30.000 Jahren die Bühne der Geschichte betreten haben. Auch dieser Zeitansatz ist nicht haltbar. Es ist unvorstellbar, dass dieser – unser eigener – Menschentyp mehr als 25.000 Jahre gebraucht haben soll, ehe er in Ansätzen begann, „zivilisiert” zu werden.
Alle vorgenannten Aussagen sind nicht aus der Luft gegriffen. Sie stützen sich auf kritische, nonkonformistische Arbeiten, deren Ausgangspunkt es war, die von den Naturwissenschaften bereitgestellten Grundannahmen (Basisaxiome) der Uniformität geologischer Prozesse und die Stabilität unseres Sonnensystems als nicht gerechtfertigt anzusehen. Einer ihrer herausragendsten Vertreter im deutschen Sprachraum ist Gunnar Heinsohn. Seine Arbeiten waren auch für den Verfasser richtungsweisend, obwohl er Heinsohns allzu drastische Zeitverkürzungen nicht voll mittragen konnte. Er sieht nach langjährigen eigenen Forschungen für die gesamte Geschichte des echten Menschen vom Homo erectus bis zur Gegenwart einen Zeitraum von rund 30.000 Jahren für realistisch und belegbar an. Die gesamte „Steinzeit” des echten Menschen ist also sehr viel kürzer, als die orthodoxe Lehrmeinung heute noch annimmt.
Entscheidender Grund für die genannte Zeitverkürzung ist die Erkenntnis, dass das Stabilitätsaxiom für unser Sonnensystem erst seit etwa zweieinhalbtausend Jahren Gültigkeit hat. In den vielen Jahrtausenden davor gab es mehrere globale Katastrophen, die durch kosmische Vorgänge ausgelöst worden sind. Unter dieser Voraussetzung wird auch das zweite Axiom – von der Gleichförmigkeit geologischer und physikalischer Prozesse in heutigen Zeitmaßen – außer Kraft gesetzt.
Über die umfangreichen Forschungen zur Naturgeschichte wurden vom Verfasser verschiedene Studien veröffentlicht. Ihr Umfang verbietet es, in dieser Arbeit im Detail darauf einzugehen. Da die Kenntnis der naturgeschichtlichen Zusammenhänge jedoch für diese Arbeit über die „Steinzeit” unerlässlich ist, soll dieser naturgeschichtliche Hintergrund hier im Form einer kleinen Geschichte dargestellt werden. Sie mag vielleicht etwas märchenhaft klingen, ist aber als arbeitshypothetisches Modell sehr aufschlussreich.
Vor etwa 30.000 Jahren tauchte am Himmel ein riesiger glühender Körper auf, der größer als die Sonne zu sein schien. Er näherte sich unserer Erde mit jedem Tag mehr. Die „Prähominiden”, die zu jener Zeit lebten, starrten ihn schreckerfüllt und verständnislos an. Kurze Zeit später brach ein höllisches Inferno los, das nur wenige Tiere und auch Prähominide überlebten. Die Erde wankte und bebte, die Erdkruste brach an vielen Stellen auf, Feuerorkane zerstörten die Urwälder, riesige Flutwellen spülten über weite Landflächen, Gebirge sanken ein, andere erhoben sich. Aus tiefschwarzem Himmel stürzten schlammige Regenfluten, ungeheure Blitze zuckten und Orkane rissen alles mit sich, was nicht größer war als ein kleiner Berg.
Nach einer gewissen Zeit war der Spuk vorbei. Der glühende, riesige Feuerball wurde kleiner und kleiner und verschwand wieder in den Tiefen des Raumes. Die wenigen Prähominiden, die diese Weltkatastrophe überlebt hatten, standen schreckerstarrt in einer völlig verwüsteten und veränderten Welt. Der schreckliche Himmelsbote hatte ihnen vieles genommen. Doch er hatte ihnen auch ein Geschenk gebracht: Ihr Gehirn war so enorm mit optischen und akustischen Reizen sowie elektrischen Impulsen überflutet worden, dass sie plötzlich eine Eigenschaft besaßen, die sie zuvor nicht kannten: Sie konnten „sprechen”. Anfänglich noch wie heutige Kinder im frühen Alter. Aber das besserte sich bald mehr und mehr.
Dieses Weltereignis war die Geburtsstunde des Homo erectus, des ersten aufrecht gehenden Menschen. Seine Erde war verändert, denn die Erdachse hatte sich beim Vorbeiflug des riesigen Himmelskörpers im Raum so verändert, dass der Norden und der Süden der Erdmasse unter Schnee und Eis versanken. Das bemerkte er allerdings nicht, denn er lebte im tropischen Raum unseres Planeten.
Der Homo erectus hatte nicht nur seine Sprache gefunden, sondern er hatte auch die Angst vor dem Feuer verloren. Im Laufe von einigen Jahrtausenden entwickelte er viele Begabungen, die es ihm ermöglichten, seine alten Reviere zu verlassen. Er begab sich mit seiner Sippe auf eine lange Wanderschaft, die ihn fast um die halbe Welt führte. Da durch die Sprachfähigkeit seine Möglichkeiten wuchsen, vergrößerte sich auch nach und nach sein Gehirn. So wurde aus dem Homo erectus der Homo neanderthalensis.
Leider traf ihn nach einigen Jahrtausenden das gleiche Schicksal wie seine Vorfahren. Denn der riesige, erdgroße Himmelskörper hatte inzwischen seinen Weg durch unser Sonnensystem fortgesetzt und näherte sich nun wieder der Erde. Noch einmal wiederholte sich das gleiche schreckliche Geschehen. Dieses Mal erlebten es mehr, überlebt haben es nur Wenige. Aber da es nun bereits weiterentwickelte Menschen waren, wurden die global katastrophischen Veränderungen viel stärker reflektiert. So stieg in den folgenden Generationen der Überlebenden die Größe des Gehirns sprunghaft an. Das sind jene Neandertaler, deren Spuren die Paläontologen in vielen Gebieten der Erde fanden.
Nachdem die Schrecknisse der Begegnung überwunden waren, setzte der Homo neanderthalensis seine Expansion fort. Er kam bis in die kälteren Gebiete des Nordens.
Kaum waren aber wieder einige
Flintdolche, die auf ein Alter von etwa 4000 Jahre datiert werden. Nationalmuseum Dänemark (Lehmann/Petersen [Hrsg.]: „Illustrierte Weltgeschichte“, Berlin o.D.)
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tausend Jahre vergangen, da tauchte der schreckliche Himmelskörper zwangsläufig wieder auf. Denn er hatte sich in unserem Sonnensystem gefangen und konnte es nicht mehr verlassen. Wieder führte ihn sein Weg nahe an der Erde vorbei. Aufs Neue gab es schwere Naturkatastrophen, Fluten, Erderschütterungen usw. Und außerdem veränderte sich wiederum die Lage der Erdachse. Es gab ein anderes Klima und das Eis am nördlichen Erdpol verschwand.
Aus diesem Chaos von Feuer und Wasser erhob sich nun der Jetztmensch Homo sapiens sapiens. Trotz aller Schrecken hinterließ ihm der vorbeigezogene Himmelskörper ein sehr positives Erbe: ein ausgeglichenes, mäßig warmes Erdklima. Nur in den nördlichsten und südlichsten Breiten war es kühler. Im Süden weit mehr als im Norden, weil der südliche Polkontinent sehr hoch war und isoliert im Meer lag.
Diese Klimaentwicklung schuf ausgezeichnete Lebensbedingungen für Graslandbildung und riesige Tierherden. Sie waren für den Homo sapiens sapiens der jüngeren Altsteinzeit die Basis für seinen enormen Aufstieg. In rund 6.000 Jahren bemächtigte er sich praktisch aller Erdräume. Seine Fähigkeiten waren beachtlich.
Bedingt durch die konstanten Verhältnisse der Sonneneinstrahlung in den verschiedenen Erdbreiten bildeten sich seine Hauptunterscheidungsmerkmale aus: die Typen der Hautfärbung.
In den nördlichen Räumen gelblich bis weiß, in den mittleren rötlich bis braun, im äquatorialen Raum braun bis tiefdunkelbraun.
Seinerzeit hätten die Menschen nur noch wenige Zeit gebraucht, um zur ersten Zivilisation zu gelangen. Doch leider blieb ihnen diese Zeit nicht, denn die Zeit des „schrecklichen Himmelsboten” war wieder da! Er tauchte wieder als Feuerkugel auf. Wie schon bei den vorherigen Begegnungen hatte er einen Begleiter bei sich. Der hatte zuvor noch nicht am Inferno mitgewirkt. Doch da der große Himmelskörper wegen der stärkeren „Einrundung” seiner Bahn der Erde näher kam als je zuvor, wurde sein Begleiter von der Erdanziehung eingefangen. Er schlug als Asteroid mit mehreren Teilen auf der Erde ein. Der große Himmelskörper raste weiter.
Dieses Einschlagsereignis, verbunden mit dem nahen Vorbeiflug des großen Himmelskörpers, löste dann jene Weltkatastrophe aus, die uns als „Sintflut” bekannt ist. Und diese Katastrophe geschah vor gar nicht so langer Zeit: um etwa -3.000! Sie traf nun vollentwickelte „steinzeitliche” Naturvölker mit unvorstellbarer Wucht.
Ohne jeden Zweifel wurde damals ein großer Teil der Erdbevölkerung vernichtet. Die Reste, die überlebt hatten, mussten in einer Welt neu anfangen, die sich wiederum sehr verändert hatte. So ist es nicht verwunderlich, wenn dieses nicht so weit zurückliegende Ereignis weltweit in den Überlieferungen erhalten blieb.
Das kosmisch-katastrophische Inferno war gewiss nicht geringer, sondern eher noch größer als zur Zeit des Homo erectus und des Neandertalers. Denn bei diesem Mal trafen deutlich zwei Ereignisse zusammen: eine Nahbegegnung und ein Asteroideneinschlag.
Insbesondere die nördliche Erdhälfte war stärkstens betroffen. Zum einen, weil hier der Einschlag erfolgte, zum anderen, weil sich die Erdachse um den südlichen Pol, der fest blieb, drehte und damit der Norden allein viel kälter wurde. Der Südpolkontinent war es bereits seit vielen Jahrtausenden.
Jene Zeit, die wir eingangs als Mittelsteinzeit/Mesolithikum kennengelernt haben, war die Zeit direkt nach der Sintflut. Doch sie umfasste nicht 3.000 bis 4.000 Jahre. Allenfalls 200, in einigen Gebieten sogar vielleicht 500 Jahre, aber mehr nicht. Doch diese wenigen Jahrhunderte waren auf jeden Fall die schrecklichsten der Menschheitsgeschichte.
Man kann und muss vor diesem Szenario dem Überlebenswillen und Mut unserer Ur-Ur-Ahnen nur tiefste, ehrfurchtsvolle Bewunderung zollen. Kein noch so schrecklicher Krieg hat der Menschheit so tiefe Wunden geschlagen wie die Sintflutkatastrophe. Und dennoch kam es nur wenige Jahrhunderte später zu einem rasanten Aufstieg: der so
So stellt man sich vor, wie der Graveur des Magdaléniens die Felsgravierung eines Mammuts schuf, nach einem Fund in der Höhle Lascaux in Frankreich („Menschen der Urzeit“, Augsburg 1989).
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genannten „neolithischen Revolution”. Sie konzentrierte sich auf den südlichen Rand der nördlichen Erdhälfte. Das war bedingt durch eine neuerliche Veränderung der Erdachsenstellung im Raum. Sie bewirkte den erheblichen jahreszeitlichen Temperaturwechsel in diesen Gebieten. Er zwang die Menschen dieser Erdräume – im Gegensatz zu den Tropengebieten – zu ganz neuen Lebenskonzeptionen. Das verschaffte den Nordvölkern langfristig eine erhebliche Dominanz gegenüber den südlichen Tropenvölkern. Die Entwicklung zur „Zivilisation” wurde also nach der Sintflutkatastrophe durch die Veränderung der Umwelt dieser Gebiete programmiert.
Während also fast alle Völker und Stämme, die auf der südlichen Erdhälfte lebten, bis in die Neuzeit hinein in ihrem „steinzeitlichen” Lebensmilieu verblieben, begann auf der Nordhälfte punktuell an einigen Stellen „Zivilisation”.
Der Begriff „Hochkulturen” wurde bewusst nicht gewählt. Denn eine hohe Kultur hatten die „steinzeitlichen” Menschen auch. Und das seit Jahrtausenden. Kultur wird hier verstanden als „Gesamtheit der typischen Lebensformen einschließlich der Geistesverfassung und Werteinstellung”.
Etwa 1.500 Jahre nach der Sintflut kam es noch einmal zu einer Nahbegegnung mit dem Himmelskörper, dem die Menschen inzwischen den Namen Ishtar-Venus gegeben hatten. Seine Bahn war inzwischen so eng geworden, dass sie zwischen den inneren Planeten verlief. Wieder gab es schwerste Erderschütterungen und Naturkatastrophen. Noch für rund 750 Jahre stiftete Ishtar-Venus erhebliche Unruhe, bis der Himmelskörper dann gegen -700 seine endgültige feste Bahn erhielt. Er war zum Planeten Venus geworden, der nun still und friedlich als Morgen- und Abendstern am Himmel zu erkennen ist.
Nachdem mit dieser kleinen „märchenhaften” Geschichte der kosmische Hintergrund erhellt worden ist, wird vielleicht die Dramatik der „Steinzeit” verständlich geworden sein. Die hier vorgetragenen Zeitansätze lassen aber außerdem erkennen, welchen enormen Wert die Berichte der Völkerkunde haben. In ihnen wird sehr gut und ausführlich über jene Kulturen berichtet, die wir in groben Zügen für die gesamte „Steinzeit” erwarten können.
Dabei sind besonders jene Völker von Interesse, die in den südlichen Räumen unserer Erde lange Zeit isoliert geblieben sind. Hier sind ganz besonders die Ureinwohner Australiens, die Buschmänner Südafrikas oder die Ureinwohner des amerikanischen Doppelkontinents zu nennen. Auch die drawidischen und wedischen Urvölker Indiens geben uns interessante Aufschlüsse.
Grundsätzlich ist zu sagen, dass die Natur die prägende, formbildende Kraft für die Ausbildung der verschiedenen Kulturen gewesen ist. Sie formte den Menschen, sein Handeln ebenso wie sein Fühlen und Denken. Klima, Fauna und Flora sowie die allgemeine Struktur der Lebensräume bestimmten die entscheidenden Kulturmerkmale. Sie nahmen ebenfalls Einfluss auf religiöse Grundhaltungen und Wertbegriffe.
„Himmel” und „Erde” galten stets als polare Gegensätze. Der „Himmel” repräsentierte „Bewegung”, die Erde „Beharren”. Damit waren die „Himmelsgötter” stets universal, gleichgültig, wie man sie benannte. Die „Erdgötter” waren raumspezifisch. Ein Volk, das am Ufer der riesigen Ozeane lebte, konnte gar nicht anders, als sich einen gewaltigen Meergott vorzustellen. Andererseits war ebenso klar, dass in gebirgigen Räumen der Sitz der Berggötter nur auf den höchsten, mit ewigem Schnee bedeckten Gipfeln sein konnte. Dass das lebensspendende Wasser göttlich sein musste, stand völlig außer Zweifel. Diese Beispiele lassen sich fortsetzen. Auf jeden Fall gab es seit jenem Tag, als der Mensch zum Bewusstsein gelangte, tiefste geistige Einsichten. Von „primitivem Denken” zu reden, ist absurd. Im Gegenteil: Wir können sogar sagen, dass die Tiefe der Einsichten in der Frühzeit größer war als heute. Dabei waren allerdings die Daseinsvorstellungen ganz anders als gegenwärtig.
Da alle frühen Naturvölker die Natur als lebendig und „beseelt” betrachteten, wurde eine umgestaltende Kultivierung der Lebensräume in der Frühzeit und auch noch bei einigen späteren Naturvölkern als Zerstörung und damit als Sakrileg empfunden. Sammeln von wild wachsenden Früchten war dagegen eine natürliche Nutzung, und die Jagd auf bestimmte Tiere war zwar notwendig, wurde aber als Eingriff gefühlt, für den man den Tieren besondere Dankesopfer schuldig war. Was man oft als Jagdzauber gedeutet hat, der möglichst erfolgreiche Jagdergebnisse bescheren sollte, waren in Wahrheit rituelle Magien, die den Schaden bei den Tieren wieder begrenzen und die Götter versöhnen sollten.
Die orthodoxe Ansicht, es habe in der Frühzeit ein ungeordnetes Zusammenleben gegeben, geht an den Realitäten völlig vorbei.
Es gab zahllose Gebote und Regelungen, die über die Gruppenzusammengehörigkeit entschieden. Wesentliche Grundlage waren nach den Müttern geregelte Verwandtschaftsbeziehungen. Das wird oft als „Mutterrecht” bezeichnet, trifft aber nicht den Kern. Die Gruppenstruktur verlangte, dass sich die Männer immer Frauen aus einer anderen Gruppe suchen mussten. Es gab bestimmte Stammesreviere, die sich zwar jahreszeitlich veränderten, aber dennoch als „Heimatraum” konstant blieben. So gab es noch viele weitere Regelungen. Von ungeordnet kann keine Rede sein.
Dieser Zustand blieb überall dort erhalten, wo sich – bis in die Neuzeit hinein – Sammler- und Jägergruppen erhalten haben. Für die gesamte Altsteinzeit waren diese Systeme die Norm.
Erst nach der „Sintflut”, am Ende der Altsteinzeit, traten entscheidende Veränderungen ein. Wir können diese Prozesse am besten mit der Überschrift versehen: „Vom Mutterrechtsverhältnis zum Patriarchat“. Aus diesem langfristigen Prozess heraus entwickelten sich reale Macht- und Besitzstrukturen, die in die „Zivilisationen” einmündeten. Der Prozess wurde bestimmt durch zwei große Gruppen des beginnenden „Wirtschaftens” in der Jungsteinzeit: der Gruppe der sesshaften Ackerbauern und der Gruppe der nomadisierenden Viehzüchter. Es waren Gegensätze von größter Tragweite, die noch einer späteren ausführlicheren Darstellung bedürfen.
Stellen wir also abschließend der
Steinzeitliche Figur: „Die Dame aus Brassempouy“ (Frankreich) (Frankfurter Allgemeine Zeitung, 17.03.89)
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eingangs dargelegten orthodoxen Chronologie der „Steinzeit” eine alternative nonkonformistische, grobe Gliederung gegenüber:
Um etwa –25.000 schwerste kosmische Katastrophe.
Ende der Prähominiden; Beginn des Homo erectus.
Von etwa -25.000 bis etwa -11.000 frühe Altsteinzeit des Homo erectus.
Um etwa -11.000 schwere kosmische Störung.
Von etwa -10.000 bis etwa -8.000 mittlere Altsteinzeit des Neandertalers.
Um etwa -8.000 schwere kosmische Störung; Beginn eines „paradiesischen” Klimas; Beginn der jüngeren Altsteinzeit des Homo sapiens sapiens.
Von etwa -8.000 bis etwa -3.000 Zeit des Jetztmenschen.
Um etwa -3.000 Sintflutkatastrophe/Klimawandel.
Von etwa -3.000 bis etwa -2.500 schwerste Störungszeit (Mesolithikum).
Von etwa -2.500 bis etwa -1.800 allgemeine Jungsteinzeit.
Von etwa -1.800 bis etwa -1.400 partielle Steinkupferzeit (Chalkolithikum).
Um etwa -1.400 „Exoduskatastrophe”.
Von etwa -1.400 bis etwa -700 partielle Bronzezeit.
Um etwa -700 letzte kosmische Störung.
Von etwa -700 bis zur Gegenwart partielle Eisenzeit.
Diese grobe Gliederung bringt die gesamte Menschheitsgeschichte in den bereits erwähnten 30.000 Jahren unter. Darin nimmt die eigentliche „Zeit der naturgegebenen Werkstoffe” mehr als 90 % ein.
Es hat schon immer zahlreiche nonkonformistische „Außenseiter” gegeben, die auch für früheste Menschheitsepochen ein hohes kulturelles Niveau postuliert haben. Diese Forscher hatten prinzipiell recht. Man darf nur nicht in den Fehler verfallen, „hohe Kultur” mit dem üblichen Begriff von „Hochkultur = Zivilisation” zu verwechseln.
Wer sich beispielsweise die Qualität der „eiszeitlichen” Höhlenmalereien ins Gedächtnis ruft, kann keinen Zweifel an einem hohen kulturellen Hintergrund haben. Auch wer sich mit der enormen spirituellen Erkenntnistiefe von australischen Ureinwohnern befasst, kann deren Träger unmöglich als „Wilde” einstufen. Betrach•














sind das eindeutig großartige Kunstwerke, die einem heutigen abstrakten Künstler zu Weltruhm verhelfen würden.
Was die Ethnologen über die Fähigkeiten von Schamanen oder Medizinmännern herausfinden konnten, macht jeden von ihnen zum hochkarätigen „Naturwissenschaftler”. Bedenkt man, dass noch komplett „steinzeitliche” Seefahrer selbst fernste und einsamste Inseln gefunden und besiedelt hatten, ist es regelrecht anmaßend, hier von „Primitiven” zu sprechen.
Wenn E. von Däniken einem seiner Bücher den Titel gab: „Die Steinzeit war ganz anders”, so hatte er im Grundsatz recht. Dabei war es allerdings ganz unnötig, von hoch technisierten Außerirdischen zu fabulieren. Auch in der Altsteinzeit wurden schon hochkomplizierte Operationen ausgeführt. Man konnte narkotisieren usw. Es gab Informationssysteme, die in Bildern sprachen und es gab uns unverständliche Symbole, die auch kosmische und religiöse Begriffe darzustellen ermöglichten.
Wenn es keine katastrophischen Ereignisse globaler Dimensionen gegeben hätte, wäre bereits am Ende der Altsteinzeit die Weltbevölkerung viel größer gewesen, als man heute schätzt. Und wer die riesigen Scharrbilder betrachtet, die heute nur vom Flugzeug aus als Ganzes betrachtet werden können, muss zu der Einsicht kommen, dass es bestimmt auch schon Möglichkeiten des „Segelfliegens” gegeben hat. Die Sage von Dädalos und Ikaros enthält bestimmt einen wahren Kern. Möglicherweise, vielleicht sogar höchstwahrscheinlich, haben die Überlebenden nach der „Sintflut” manches nicht mehr neu zu erproben gewagt, weil sie wieder den „Zorn der Götter” fürchteten.
Als M. Zanot einem Buch den Titel gab: „Die Welt ging dreimal unter”, sprach er aus, was die alten Mythen überliefert hatten: die Sintflutkatastrophe, die Exoduskatastrophe und die Katastrophen bei der letzten kosmischen Störung. Der Verfasser bezeichnet sie als „Epagomenakatastrophe”, weil danach unser Jahr um fünf Tage länger wurde!
Alle kosmisch bedingten Katastrophen führten zu großräumigen Wanderungsbewegungen, weil zahlreiche Lebensräume nachhaltig zerstört oder schwer geschädigt wurden. Andere Wanderungen ergaben sich aus der Raumsuche der nomadischen Viehzüchter. Sterne wurden zu Göttern, heldenhafte Anführer zu vergöttlichten Urahnen. Die angstvolle Beobachtung des Himmels führte zur Astrologie und später zur Astronomie.
Unendlich vieles geschah in der „Steinzeit”. Sie war wirklich die prägendste, dramatischste und entwicklungsgeschichtlich schöpferischste Epoche der Menschheit. Das technisch-wissenschaftliche Zeitalter, in dem wir heute leben, hat die uralten Wurzeln lediglich vergessen oder verdrängt.
Es war ohne Zweifel sehr viel schwerer, sich mit noch unzureichenden Hilfsmitteln die einfachsten Lebensgrundlagen zu schaffen oder Naturerkenntnisse zu erlangen. Heutige praktische ArchäTierdarstellungen
in einer Höhle, etwa fünfzig Kilometer nördlich von Avignon in Südfrankreich. Das Alter wird auf 20.000 Jahre geschätzt (Meldung in: Bild, 19.01.95)
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ologen gestehen z. B. uneingeschränkt zu, dass es sehr schwer ist, eine Lanzenspitze aus Stein herzustellen. Wir haben aber ungezählte von sehr beachtlicher Qualität gefunden.
Unser heutiges Wissen und die entwickelte Technik sind zweifellos Höchstleistungen des Menschen, aber man darf nicht vergessen, dass sie über zahlreiche Generationen hinweg gewachsen sind. Der uns unbekannte Erfinder des einfachen Rades war ein wirkliches Genie. Auch jener Menschentyp, der es erlernte, durch Reibung Hitze und damit Feuer zu erzeugen, hat Ungeheueres geleistet. Das war aber vor mindestens 30.000 Jahren.
Doch nicht nur technische Fähigkeiten sind zu sehen. Es ging um früheste Weltanschauung, um bewusstes Erleben und Erkennen der Welt, in der die ersten Menschen lebten. Wir haben im Allgemeinen längst vergessen, was wir ihnen verdanken. Und es war uns nicht einmal bekannt, dass sie unter schrecklichen Umständen oft wieder neu anfangen mussten. Die „Steinzeit” war also wirklich anders. Wir wollen versuchen, sie etwas besser kennen zu lernen.
Allgemeine Betrachtungen
Ein falsches Bild
Als europäische Seefahrer im Anfang des 17. Jahrhundert den Kontinent Australien entdeckten und zum ersten Mal betraten, war ihnen nicht bewusst, dass sie nicht nur einen neuen Erdteil enteckt hatten, sondern auch die ältesten Reste der Steinzeit! Lange Zeit, bevor der neolithische Aufschwung in der alten Welt begann, hatten Menschen der jüngeren Altsteinzeit diesen Erdteil bereits erreicht. Doch auch sie waren nicht die Ersten. Typ und Art der Ureinwohner Australiens lassen kaum Zweifel aufkommen, dass schon Menschen vom Typ des Neandertalers von Südostasien aus jenen Erdraum in der Mittelsteinzeit, dem Moustérien, erreicht haben müssen. Die ersten Menschengruppen erreichten diesen Teil unseres Planeten noch zu Fuß, denn damals stand Australien noch mit dem südostasiatischen Raum in direkter Verbindung. Aufgrund der seinerzeit noch intensiven Eisbildung am Südpol und Nordpol lag der Meeresspiegel nicht nur erheblich tiefer. Es gab auch sonst noch Landbrücken, die erst sehr viel später eingebrochen sind. Wie, wann und warum das geschah, wurde in der Einführung komprimiert dargestellt.
Was für Australien gilt, lässt sich auch über die anderen Großinseln Südostasiens sagen, Java, Borneo, Sumatra, Neuguinea und auch Japan. Die wohl entscheidendsten Landhebungen und Landsenkungen, – viele verbunden mit einem Ansteigen des Meeresspiegels – traten wohl erst bei der „Sintflutkatastrophe” ein. Das hatte vielfältige Gründe, die in meiner Arbeit „Paradies, Sintflut, Eiszeit?“ [EFODON-DOKUMENTATION DO-29] eingehend erläutert worden sind. Da diese Globalkatastrophe aber erst vor knapp 5.000 Jahren die Erde erschütterte, ist der insulare Isolierungsprozess an zahlreichen Stellen unseres Planeten noch gar nicht so weit zurückliegend.
Auch die steinzeitlichen Altkulturen in anderen Erdräumen trennen nicht viele Jahrzehntausende, sondern nur wenige Jahrtausende von der Neuzeit. Leider wurde das von der modernen Altertumsforschung nicht erkannt, weil man ein Zeitschema von den Geologen übernommen hatte, das auf falschen Annahmen aufgebaut war. So hat sich hinsichtlich der Frühzeit des Menschen ein völlig falsches Bild ergeben. Eine Entwicklung, die nur rund 30.000 Jahre insgesamt gedauert hat, wurde auf fast eine Million Jahre verteilt. Dabei musste zwangsläufig der agile und leistungsfähige Mensch der Steinzeit zu einem tierhaften „Primitiven” werden, der für den kleinsten Entwicklungsschritt unendlich lange brauchte.
Nachdem neue konformistische und nonkonformistische Forschungen immer deutlicher zeigen, dass diese Ansicht irrig war, bekommen die Aussagen der Ethnologie ein bedeutendes Gewicht. Was Forscher bei den noch angetroffenen zahlreichen Naturvölkern im 19. Jahrhundert entdeckt haben, spiegelt nun in klaren Bildern „die Steinzeit” wider. Natürlich ist das nicht überall in gleicher Weise der Fall. Aber da man Naturvölker ja auf unterschiedlichen, regional sehr differenzierten „Wirtschaftsstufen” angetroffen hat, sind darin indirekt auch „Zeitstufen” enthalten. Das zeigt z. B. eine naturvölkische Kartografie Afrikas. Dort haben wir:
1. Stadtkulturen mit Handwerkern,
2. Oasenkulturen,
3. Pflugbau (explizit Ägypten und Ostsudan sowie Mittelmeerküste),
4. Pflanzbau ohne Großvieh,
5. Grabstock und Hackbau mit Großviehzucht,
6. Nomadenviehzucht und
7. noch Reste von Wildbeutergruppen.
An diesem Beispiel wird deutlich, welche „Altkulturreste” und welche Zwischenstufen vorhanden sind. Wildbeuter sind eindeutig frühere steinzeitliche Formträger. Die Gruppen 4, 5 und 6 sprechen für die Zeitstufe der Ackerbauern und nomadischen Viehzüchter und deren regionale Mischformen. Die Gruppen 2 und 3 lassen traditionale Verbindungen zu den älteren Zivilisationen erkennen, und die Gruppe 1 gehört eindeutig der Zivilisationsstufe an.
Das genannte afrikanische Beispiel gilt selbstverständlich auch für andere Erdräume. L. Frobenius, der große Völkerkundler und Begründer der Kulturmorphologie, konnte nachweisen, dass frühere „Altkulturen” im Laufe der geschichtlichen Entwicklung weitgehend an den Nord- und Südrand der Weltteile „abgedrängt” worden sind.
Links: So stellte man sich bisher einen Neandertaler-Menschen vor, als halben Affen. Rechts: In den letzten Jahren „mutierte“ der Neandertaler immer mehr zu einem modern aussehenden Menschen. Nach heutigen Rekonstruktionen unterscheidet er sich vom Cromagnon-Menschen nur noch durch eine fleischigere Nase und etwas stärker ausgeprägte Augenwülste.
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Das gilt für die Feuerländer am Südzipfel Südamerikas, die Weddiden in Südindien, die Uraustralier sowie für die afrikanischen Buschmänner oder die Stämme am nördlichen Polarkreis. „Abgedrängt” heißt aber auch, dass wir in deren Lebensformen und Wertvorstellungen usw. die besten „altsteinzeitlichen” Überreste erkennen können.
Wenn wir also die Forschungsergebnisse aus diesen Zonen übertragen, bieten sie uns – in einem allgemeinen Sinn – ein Bild „altsteinzeitlicher Kultur”. Und zwar überwiegend ihrer frühesten Ausprägung.
Die zahlreichen Kulturelemente anderer Naturvölker auf allen Kontinenten erlauben uns wegen der radikalen Zeitverkürzung noch gute Rückschlüsse auf die Lebensart und Daseinsqualität der jüngeren Altsteinzeit des Homo sapiens sapiens. Schließlich liegt der Schwerpunkt dieser „paradiesischen” Zeit ja nur knapp 8.000 Jahre zurück. Auf den ersten Blick erscheint diese Zeitspanne groß. Aber wir dürfen nicht verkennen, dass die geistige Grundhaltung der frühen Menschen und die der Naturvölker sich ähnlich sind. Ihr liegt Genügsamkeit als Basis zugrunde. Man wollte so leben, wie man lebte: im Einklang mit der Natur. Das drückt der Begriff „Naturvölker” eigentlich aus.
Der übliche Unterschied, der den Gebrauch der Schrift als Kulturbasis präferiert, ist im Grunde fragwürdig. Wir wissen aus zahlreichen Beispielen, dass auch „schriftlose” Völker hervorragende Informationssysteme hatten. Im geistig intellektuellen Sinn ist „Schriftlosigkeit” sogar ein Vorteil gewesen, weil sie das Gedächtnis bis ins höchste Alter hinein beachtlich trainierte. Ganze Lexika von „Geschichte”, „Naturkunde”, „Philosophie”, „Recht” und „praktischen Kenntnissen” befanden sich in Köpfen der Angehörigen naturvölkischer, schriftloser Gruppen oder Stämme. Der moderne Mensch der Zivilisation glaubt, dass das Niedergeschriebene sicherer sei. Doch wer an die Märchen und Sagen der Kindheit denkt, erkennt sehr schnell, dass sie unvergesslich geblieben sind. Vieles Angelesene wird dagegen vergessen, weil man sich ja sicher wähnt, es jederzeit wieder nachlesen zu können. Leider weiß man meist nicht mehr, wo es stand. Die meisten Nachschlagewerke in den Bücherschränken sehen merkwürdig neu und „ungelesen” aus.
Naturvölkisches Denken war also eine sehr effiziente „Ganzheitsmethode”, und das galt auch schon in der Steinzeit. Die berühmten Schamanen und Medizinmänner oder die so genannten „Ältesten” waren die „Nobelpreisträger” der Frühzeit. Ihre vielseitigen Kenntnisse waren wahrhaft interdisziplinär. Und ihre Zuhörer waren ebenfalls ein sehr gut geschultes Publikum. Eines der hervorstechendsten Merkmale von „Zivilisation” ist und war Spezialisierung. Und je höher der Zivilisationsgrad, desto größer wurden die Unterschiede. „Klassen” und „Zivilisation” gehören untrennbar zusammen!
Wenn man also an die frühe Menschheit denkt, verbietet sich die Vorstellung von Primitivität. Es ist völlig zulässig, bereits in der frühen Altsteinzeit von hoher Kultur zu sprechen, auch wenn es noch keine Zivilisation gab.
Ein Blick auf die Künste zeigt das: ob es sich um Felszeichnungen, Höhlenmalereien, Statuetten, aber auch – wie bei den Naturvölkern – um geschnitzte Tanzmasken, Totempfähle. Kalabassen oder Tätowierungen und Weberzeugnisse handelt, nichts daran ist „primitiv”. Natürlich gab es solche Erzeugnisse auch in der Steinzeit, aber sie sind längst verfault und vermodert. Genauso steht es um den Schmuck. Wer in mühevollster Arbeit – ohne einen Stahlbohrer – Steinperlen bohrte, Muschelketten herstellte oder farbenprächtigen Federschmuck gestaltete, war nicht „primitiv”!
Auch das echte Wissen um die Natur war umfassend und beachtlich. Es fällt uns nur sehr schwer, die Bilder- und Symbolsprache zu verstehen. Das „Kaninchen im Mond” waren die Mondmare, die auch wir in klaren Nächten erkennen können. Das Ei als Keimzelle des Lebens war in seiner Bedeutung erkannt, und die „Weltei-Mythe” war ebenso eine Weltentstehungstheorie, wie wir heute von der „Urknalltheorie” sprechen.
Werkzeuge und Geräte waren einfach, aber effektiv. Bauten, als Hütten, aus welchem Material auch immer, gab es stets. Eine Gruppe, die eine natürliche Höhle in Wassernähe hatte, war besonders begünstigt. Sie war bei großen Regenfällen usw. viel sicherer als die leichtesten Hütten oder Windschirme. Ganz sicher waren Höhlen so wichtige Refugien wie die späteren Bergfriede der Burgen oder Bunker in modernen Kriegen. Nicht zufällig finden sich in den meist tiefsten Teilen von Höhlen Kultbilder als Höhlenmalereien. Diese Höhlen waren die „Kirchen” der Urzeit. Erst in diesen Tagen wurde wieder eine großartige „Kathedrale” der Steinzeit entdeckt. Dass man heute gerade in Höhlen oder Felsüberdachungen bei archäologischen Grabungen noch Reste findet, bedeutet nicht, die Menschen der Altsteinzeit seien „Höhlenmenschen” gewesen. Es ist lediglich so, dass sich diese geschützten Plätze besser erhalten konnten als ungeschützte Freilandplätze. Diese müssen im Zuge der Entwicklung zwangsläufig verschwunden sein. Auch in dieser Beziehung muss das allgemeine Bild erheblich korrigiert werden.
Der entscheidendsten Korrektur bedarf allerdings die Vorstellung von „Eiszeit”. Was man sich sehr oft darunter vorstellt, ist völlig falsch. Gerade dieser Begriff wurde in der bereits erwähnten Studie eingehend behandelt. Prinzipiell ist „Eiszeit” ein sehr irreführender Begriff. Solange an den beiden Erdpolen große Gebiete mit ewigem Eis bedeckt sind, besteht auch eine „Eiszeit”. Und dieser Zustand gilt heute ebenso wie für andere erdgeschichtliche Zeiträume.
Figur eines Wildpferdes, Aurignacien (ca. -25.000)
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Vom Südpol dürfen wir annehmen, dass er seit jener großen erdverändernden Katastrophe, die unser ungefähres heutiges Erdbild schuf, stets einen großen Eismantel getragen hat. Beim Nordpol war es hingegen anders, denn dort bestehen andere Bedingungen: Er liegt im Meer. Es bedarf also einer enormen Schieflage der Erdachse (so wie heute), um den nördlichen Pol vereisen zu lassen.
Doch unabhängig vom Polareis und den großen Gletschern in den Hochgebirgen bestehen im größten Teil der Erde tropische und subtropische Klimaverhältnisse. Die Vereisungsgebiete berühren also die meisten Erdbewohner überhaupt nicht. Ihre Größe entscheidet lediglich darüber, ob die Jahresmitteltemperatur der Erde etwas höher oder etwas niedriger ist. Dabei geht es um allenfalls zwei oder drei Grad. Wann es also auch immer in der Erdgeschichte polare Vereisungszonen gab, war ihre geografische Größe sehr entscheidend von der Neigung der Erdachse abhängig. Je größer der Neigungswinkel, desto größer die räumliche Ausdehnung des Polarkreises. Doch die Größe allein sagt über die Eismenge nicht unbedingt aus. Auch gegenwärtig sind rund 90 % der gesamten irdischen Eismassen am Südpol konzentriert.
Auch wenn der Homo erectus und der Neandertaler in einer generell im Jahresmittel etwas kühleren Klimaepoche gelebt haben, so waren in ihrem tropischen Lebensraum die jeweilige Tages- und Nachttemperatur kaum geringer als heute. Die Klimaunterschiede wirken sich stets in den so genannten „gemäßigten Breiten” am deutlichsten aus. Diese Breiten haben die ersten Menschentypen aber nicht erreicht, allenfalls deren Randgebiete.
Die orthodoxe Gleichsetzung von „Altsteinzeit” mit „Eiszeit” ist menschheitsgeschichtlich bedeutungslos. Sie hat allerdings sehr entscheidend zu Fehlinterpretationen geführt. Während der gesamten „jüngeren Altsteinzeit”, die hier als „paradiesisch” bezeichnet wurde, gab es in der nördlichen Polzone überhaupt keine feste Eisbildung. Dort herrschte nur ein kühleres Klima von durchschnittlich etwa 10 bis 15o. Dies war auch der Grund dafür, warum dort die Großtiere wie Mammut (eine Elefantenart), Wollnashorn (eine Nashornart) und das Urbison (eine Büffelart) sehr langhaarig waren.
Da es aber am Tag und in der Nacht etwa gleiche Temperaturen gab, war das Klima in den nördlichen Breiten keinesfalls unangenehm. Es war nicht anders als bei uns im Frühlingsanfang. Während es also im Nordraum der Festlandsmassen konstant kühler war, wurde es dann mit jedem Breitengrad, nach Süden vorrückend, immer wärmer. Allerdings nicht so warm wie heute, denn die Sonneneinstrahlung war wegen eines geringeren Neigungswinkels der Erdachse gleichmäßiger. Insgesamt war das Klima auch feuchtwärmer. Es gab mehr warmen Regen und praktisch keine Wüsten nördlich des Erdäquators.
Auf der Südhälfte der Erde war es ähnlich. Allerdings waren hier, je näher mit jedem Grad der Südpolkontinent rückte, die Temperaturen kühler. Das merkte man allerdings lediglich in Australien und Neuseeland, sowie am Südzipfel Südamerikas. Der echte Kältepol der damaligen Welt war nur der Südpol. Doch er war für die damaligen Menschen so fern und unerreichbar, dass niemand etwas von ihm wusste. Er trug allerdings erheblich zur etwas niedrigeren Jahresmitteltemperatur bei. Erst viel später, nach der Sintflutkatastrophe, erhielten Nordpol und Südpol etwa ähnliche Bedingungen.
Alle vorgenannten Hinweise waren wichtig, weil sie verdeutlichen, dass man sich auch geoklimatisch für die „Altsteinzeit” ein ganz falsches Bild gemacht hat. Fassen wir alles zusammen, so lässt sich erkennen, dass die „Steinzeit” auch geoklimatisch anders war, als es die orthodoxe Lehre bis heute noch darstellt.
Die vorangegangenen Aussagen haben aufgezeigt, dass gerade der „Eiszeitbegriff” unser Bild der Altsteinzeit unzulässig beeinflusst hat. Man stellt sich meistens vor, die Menschen der „Altsteinzeit = Eiszeit” wären ständig frierend und zitternd durch öde, wind- und schneegepeitschte Tundren gezogen. Das ist ein vollkommen falsches Bild. Das musste als Erstes korrigiert werden.
Wir dürfen ganz sicher sein, dass sich sowohl Homo erectus, Homo sapiens neanderthalensis als auch der Jetztmensch stets auf sehr zweckmäßige Weise den jeweiligen Klimaverhältnissen ihrer Lebensräume angepasst haben. Und die waren überwiegend tropisch-subtropisch. Nacktheit war – bis auf den Schutz der Geschlechtsteile – also völlig normal. Nur Sammler und Jäger, die in den nördlichen Breiten zogen, bedurften einer schützenden Bekleidung. Gewiss lagen Teile Europas oder Nordasiens in der kühleren Zone, aber das war ja nur ein sehr begrenzter Teil der Welt.
Es gibt noch weit mehr Fakten, über die man sich ein falsches Bild macht. Aber nachdem zunächst die allgemeinen Umweltbedingungen gedanklich „richtig gestellt” worden sind, werden wohl auch andere Zusammenhänge leichter verständlich werden.

Anmerkung der Redaktion:
Dieser Beitrag wurde bereits in der EFODON-DOKUMENTATION DO-32 veröffentlicht. Diese DOKUMENTATION, wie auch die DO-11, auf die sich Naudiet bezieht, ist jedoch inzwischen vergriffen. Im nächsten Heft folgt Teil 2.
Steinzeitlicher Mörser, der auf ein Alter von 35 bis 55 Millionen Jahre geschätzt wird.
Feuersteinfunde aus der Gegend um Abensberg.
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