Magie: Geschichte, Theorie, Praxis

18,00

Artikelnummer: 037049 Kategorie:

Beschreibung

154 Seiten, 1978, ISBN 3-87702-063-1, Schikowski

Der Titel ist momentan leider vergriffen, wird aber neu aufgelegt werden!
Der Termin der Neuauflage ist leider noch unbestimmt.

Dr. Ernst Schertel, 1923, rezensiert von Qia S.O.L

Einleitend möchte ich die mögliche Frage beantworten, wozu ich einen solch alten Schinken behandle: Einfach, weil es meiner Einschätzung nach ein ausgezeichnetes Werk zum Thema Magie ist, da es auf der Grundlage Schertel’s jahrelangen Studiums der magischen Welt basiert. Autoren mit solch fundierten Hintergrundwissen sind auf dem modernen Buchmarkt nicht mehr allzu leicht zu finden.

Das Buch erschien 1923 im Niels Kampmann Verlag, Heidelberg. Es ist schön gebunden in Rot mit goldener Schrift aussen und hat insgesamt 165 Seiten.

Der Schreiber ist ein Mann der gewählten Sprache seiner Zeit, ebenso erfrischt er mit einer kurzgehaltenen aber dennoch präzisen Abhandlung der einzelnen Thematiken, ohne dabei das Wesentliche zu vernachlässigen, eher konzentriert er sich auf das Wesentliche. Sein Vorwort erläutert klar seinen Angang an das Thema:

Das Interesse für okkulte Probleme beginnt heute auch in jenen Kreisen lebendig zu werden, die sich bislang mit einer gewissen Absichtlichkeit und zum Teil auch mit Recht davon ferngehalten hatten. Der übliche Popular-Okkultismus besaß zweifellos Seiten, die gerade ernsthaft und scharf denkende Menschen zurückstossen mussten, auch war der ganze Stand unserer Naturwissenschaft und Erkenntnistheorie noch nicht weit genug, um eine exakte Behandlung der okkulten Phänomenalität überhaupt zu erlauben.
Der wissenschaftliche Mensch von heute kann nicht seine ganze tausendfach bewährte Methodik verlassen um dafür ein höchst fragwürdig und noch dazu durchaus unnötig erscheinendes „credo quia absurdum est“ einzutauschen. Er konzentriert sich dann lieber auf das genau umschriebene Gebiet irgendeiner Spezialwissenschaft.
Eine solche Spezialwissenschaft ist nun der Okkultismus unserer Tage bereits geworden. Man kann sich gegenwärtig ebenso gut mit telekinetischen Experimenten beschäftigen, wie man früher die Fallgesetze untersuchte. Eine ganze Anzahl angesehener Forscher hat auf diesem Wege den Zugang zu der okkulten Erscheinungswelt gefunden.
Damit aber erschöpft sich die Sache noch nicht. Denn so sehr die Teilprobleme des Okkultismus durchaus in das Gebiet der experimentellen Naturwissenschaft fallen, treiben sie doch in ihrer Gesamtheit zu einer völlig neuen Einstellung gegenüber dem Dasein überhaupt. Und hier mündet die Problematik des Okkultismus in die Problematik unserer ganzen heutigen Kultur, unserer Wissenschaft und unserer Lebenshaltung.

Dies ist der tiefste Grund, weshalb heute – anders als noch vor 20 Jahren – kein Einsichtiger mehr an den okkulten Phänomenen vorübergehen kann. (Schertl/Magie)

Dr. Schertel betrachtet die Geschichte der Magie kulturübergreifend und vergleicht die Prinzipien, die den Handlungen der verschiedenen Kulturen zu entnehmen sind. Er leitet des Lesers Blick gezielt durch die Phänomene und ihre Übereinstimmungen, legt die Glaubensgrundlagen der Handlungen offen und verweist auf ihre Ursachen. Der Wissenschafter kommt bei seiner Schreibweise klar durch, doch bleibt er auch für Laien weitgehend verständlich. Es gibt keinen Punkt, an dem man sich nicht mit einem schnellen Blick in ein Wörterbuch behelfen könnte.

Die grauenvolle, jenseitige Verlebendigung der Naturdinge, welche aller Magie zugrunde liegt, erzeugt jene Gesamt-Weltanschauung, die uns als „Animismus“, „Pan-Animismus“, oder als „Naturbeseelung“, „Pan-Psychismus“, bei den sogenannten Primitiven bekannt ist. Die „Dinge“ sind für den Urmenschen dunkel-lebendige Wesenheiten, eine heilige Schrecknis umwittert alles und bedeutet selbst wieder eine Quelle von Kräften, durch die gewisse magische Wirkungen überhaupt erst möglich werden. Dieser frühe Animismus darf nicht verwechselt werden mit dem späten Zeiten auftretenden „Pantheismus“, denn der Animismus ist etwas vollkommen Konkretes, ist wirklich „Vielgötterei“, nicht aber abgeflauter Monotheismus, der der völligen Entgötterung der Welt unmittelbar vorhergeht. (Schertl/Magie)

Fliessend schafft der Autor den Übergang aus der Geschichte in die Theorie der Magie, ohne dabei das Erinnern an die bereits beschriebenen Grundlagen zu vernachlässigen. In gewissem Maße hält er einen Spannungsbogen aufrecht, indem er durchscheinen lässt, worauf er letztendlich hinauswill. Das Buch macht auf mich den Eindruck einer Abschlussarbeit vor dem Eintritt in einen neuen Grad einer Loge oder eines Ordens. Er scheint klarstellen zu wollen, dass er tatsächlich verstanden hat, worum es bei dem Thema geht.
In der Theorie zieht er vergleichend Hypothesen und Erkenntnisse verschiedener Wissenschaften, darunter Psychophysiologie, Psychoanalyse, Psychologie, Physik, Chemie und Mathematik, hinzu. Er lässt keine Möglichkeit aus, vergleichende Bilder heranzuziehen, die deutlich machen, wie sehr die verschiedenen Weltanschauungen und Ideen ineinander fliessen, ja sogar abhängig sind voneinander, aufgrund der einzelnen Prinzipien, auf die sie aufbauen.

In diese Auffassungsweise wurde schon sehr bald eine Bresche gelegt durch die Erkenntnis, dass uns die „Dinge“ eben nur zugänglich sind nach Maßgabe unserer „Sinnesorgane“, dass wir die Dinge anders, reicher oder ärmer „wahrnehmen“ würden, wenn wir andere, zahlreichere oder beschränktere Sinnesorgane hätten. Wie konnte da noch an eine „Entsprechung“ zwischen unserem Vorstellungsbild und dem Ding selbst gedacht werden! Was wir wahrnahmen, waren immer nur Fragmente! Man tröstete sich damit, dass Fragmente immer noch besser sind, als nichts und z.B. auch die Photographie, die die Dinge ohne Farbe, ohne Plastik usw. wiedergibt, dennoch eine genügend „richtige“ Ansicht der Dinge vermittelt. Eigentlich problematisch wurde die Sache erst, als man sich über den fingierten Prozess des „Abbildens“ der Dinge von seitens unserer Sinnesorgane klarer wurde. Das Gleichnis mit der photographischen Kamera hatte dabei lange Zeit irregeführt. Man hatte nicht beachtet, dass das „Ding“ , welches wir sehen, und die „Photographie“, die wir davon anfertigen, uns ja wiederum nur zugänglich sind durch einen „Wahrnehmungsvorgang“, und dass deshalb die ohne weiteres konstatierbare Relation zwischen „Ding“ und Photographie nicht einfach übertragen werden konnte auf den Wahrnehmungsvorgang, der als große Unbekannte in der sonst plausiblen Gleichung stehen blieb. Man vermochte den Wahrnehmungsvorgang nicht zu definieren, ohne ihn als undefinierte Größe immer wieder in die Definition einzufügen. (Schertl/Magie)

Schertel präsentiert ein vollständiges und in sich geschlossenes Erklärungsgebäude, auf dem ein Studierender der Magie leicht aufbauen kann. Er beweist schon in seiner gerade sehr skeptischen Zeit, dass die Magie eine feste Basis hat, auf der auch der wissenschaftlich denkende Mensch aufbauen kann, um seine Welt noch besser zu verstehen und mit ihr umzugehen. Er schafft es, den Bezug des Menschen zum Dasein in ein neues und sinnvolleres Licht zu stellen.
Für mich als Studierenden der Magie ist das Buch jederzeit eine Bestätigung und eine Inspiration für neue Hypothesen und Experimente. Es ist letztlich sogar erfrischend für mich zu lesen, wie wertneutral und ernsthaft Schertl an das Material herangeht.
Die Schlussfolgerungen, die er zieht, lassen sich leicht mit den neusten Erkenntnissen der Wissenschaft vergleichen und verstehen. Das Buch entbehrt jeglicher uns heute bekannter esoterischer Oberflächlichkeit.

Die Menge von heute lebt nur materiell, aber nicht leibhaft, sie empfindet nur intellektuell, aber nicht seelenhaft. Schon das Kind wird diesen Tendenzen zwangsmässig unterworfen (man nennt dies „allgemeine Bildung“ und „Erziehung zum praktischen Leben“ mit dem Ideal des „nützlichen Mitglieds“ der menschlichen Gesellschaft). Man muss heute schon fast ein Genie sein, um auch nur ein so harmlos-heiliges Leben auswirken zu können.

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